Fast jeder zehnte Artikel betroffen Warum Aldi die Preise erhöht

Düsseldorf · Beim Discounter Aldi erhöht sich der Preis für fast jeden zehnten Artikel – die größte Aktion seit Jahren. Andere Anbieter werden folgen. Dabei sind die Lebensmittelpreise in den vergangenen Wochen  bereits deutlich gestiegen.

 Eine Aldi-Filiale in Mülheim.

Eine Aldi-Filiale in Mülheim.

Foto: ©ALDI SÜD/ALDI SÜD

Wenn der Discounter Aldi in der Vergangenheit die Preise erhöht hat, dann war das häufig die Initialzündung für die Wettbewerber, dem Konkurrenten aus dem Ruhrgebiet nachzueifern. Passiert das auch diesmal? Aldi Nord und Aldi Süd drehen  nämlich ganz massiv an der Preisschraube. Die geplanten Erhöhungen betreffen nach Angaben des Unternehmens knapp zehn Prozent aller Artikel, genauer gesagt: „150 von insgesamt 1700 bis 1900 Artikeln in unseren Sortimenten“, wie das Unternehmen am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Zunächst hatte die „Lebensmittelzeitung“ über die Pläne berichtet.

So eine Preiswelle hat es beim Discounter seit Jahren nicht gegeben. Aldi selbst nennt als Begründung die bekannten Argumente: „Bereits seit Monaten ist die Marktlage geprägt von anhaltenden Herausforderungen der internationalen Seefracht, der Omikron-Welle, dem grundsätzlichen, internationalen Mangel an LKW-Fahrern und den gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe. Die Situation in der Ukraine führt zu zusätzlichen Herausforderungen in den Lieferketten und bei der Rohstoffbeschaffung.“ Dazu kommt der Verweis des Unternehmens, dass sich die die Margen nicht verändern würden und die Verkaufspreise an den Einkaufspreisen orientierten. Und die steigen auch. Große Lebensmittel-Hersteller wie Unilever, Nestlé und Danone hatten zuvor auch schon Preissteigerungen angekündigt. 

Einfache ökonomische Regeln regieren offensichtlich. Konkret bedeutet das bei Aldi, das Bio-Kaffee einen Euro teurer wird, dass andere Kaffeesorten knapp fünf statt bisher 4,35 Euro kosten, dass auch Backwaren, Waschmittel, Snacks und Pommes teurer werden. Das sind nicht  immer gewaltige Preissprünge, aber wer regelmäßig große Mengen beim Discounter kauft, spürt das aufaddiert dann schon deutlich im Portemonnaie.

Dass andere Konzerne im deutschen Lebensmittelhandel nachziehen werden, erscheint so gut wie sicher. Bisher haben sich zwar weder der Discounter Lidl noch die Supermarktketten Edeka und Rewe zu dem Thema äußern wollen, doch die Knappheit der Rohstoffe, die hohen Energiekosten, die Verwerfungen im Transportgewerbe sind ja kein alleiniges Aldi-Phänomen. Was bei den Gründervätern des Discounts in Deutschland noch dazukommen könnte: Das Deutschland-Geschäft hab in den vergangenen Jahren deutlich gelitten, heißt es. Ein Umstand, der den Druck zu Preiserhöhungen bei Aldi verstärkt haben könnte. Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein mag das allerdings nicht glauben: „Aldi ist Preisführer und Kostensparweltmeister. Wenn einem das wehtut, die Preise so zu erhöhen, dann ist das Aldi. Das ist ein Zeichen, dass man das tun muss aufgrund der äußeren Gegebenheiten.“

Preiserhöhungen hat es branchenweit in den vergangenen Wochen ja schon en masse gegeben. Speiseöl ist bei mehreren Handelsketten auch bei den Eigenmarken um fast 30 Prozent teurer geworden, weil die Nachfrage angesichts des Mangels an Sonnenblumenöl (kommt vielfach aus der Ukraine) auch bei anderen Sorten gestiegen ist. Kartoffelchips sind ebenfalls teurer geworden, auch  Imbissbuden klagen über hohe Kosten für Frittierfett.

Der Preis für Weizenmehl ist vielfach um 20 Prozent gestiegen, weil er am Weltmarkt gemacht wird, was sich auch im Weizen-Selbstversorgerland Deutschland auswirkt. Selbst das Brötchen wird teurer, obwohl das weniger am Weizenpreis als vielmehr an den hohen Energiekosten liegt. Und Missernten bei Hartweizen verteuern Nudeln, Couscous und Bulgur. Dazu Preiserhöhungen bei Milch, Klößen, Müsli und Co. – die Liste mit Artikeln, die teurer werden, kennt kaum ein Ende. Wenn die Ware überhaupt da ist: „Aktuell nicht lieferbar“,steht auf Etiketten an Warenregalen. „Kein Krümel Reis und keine Nudeln mehr. Küchenrollen und Toilettenpapier leer“, heißt es im Netz. Selbst Verkäuferinnen beklagten sich schon über die Situation, heißt es in der Branche, weil sie den Ärger der Kunden täglich zu spüren bekämen.

Der Preisanstieg bei Lebensmitteln ist nicht nur ein Problem deutscher Verbraucher. Die Lebensmittel-Teuerung ist ein globales Phänomen. Die Welternährungsorganisation FAO rechnet mit einem Anstieg der weltweiten Lebens- und Futtermittelpreise zwischen acht und 20 Prozent. Das können viele hiesige Verbraucher noch verschmerzen; in den ärmeren Regionen dieser Welt tut das den Menschen weitaus mehr weh. „In Industrieländern wirken sich die Preissteigerungen meist nur moderat aus: Die Menschen müssen nur circa 15 bis 30 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aufwenden. Doch in Ländern des  Globalen Südens sind es zwischen 60 und 100 Prozent“, heißt es auf der Website der Welthungerhilfe. Auch das sollte man bei aller Klage über teurer werdende Lebensmittel nicht vergessen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort