Köln, Leverkusen und Dormagen betroffen Lanxess streicht massiv in Deutschland

Köln · Der Chemie-Riese Lanxess fährt tiefer in die Krise. "Im vierten Quartal werden wir rote Zahlen schreiben", kündigte Lanxess-Chef Matthias Zachert gestern an. Für das Gesamtjahr stände es "Spitz auf knopf". Die Aktie fiel gestern um sechs Prozent und war Schlusslicht im Dax.

Entsprechend scharf tritt Zachert nun auf die Kostenbremse. Im Zuge des Sparprogramms "Let's Lanxess again" will der Konzern bis zum Jahr 2016 nun 1000 seiner 17 000 Stellen abbauen, davon 500 in Deutschland. Das soll Einsparungen von 150 Millionen Euro bringen. "Dies ist eine notwendige Maßnahme, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern", so Zachert.

Gestrichen wird in der klassischen Verwaltung, der zentralen Forschung und Entwicklung sowie im Marketing. Vor allem in Leverkusen und Köln fallen (wie von unserer Zeitung berichtet) Stellen weg: In Leverkusen streicht Lanxess 190 Arbeitsplätze, in Köln 130, in Krefeld 60 und in Dormagen 50 Stellen. Darunter sind auch Stellen der Service-Tochter Aliseca. Diese wird faktisch aufgelöst. Die Mitarbeiter werden auf den Service-Bereich PTSE oder die Standorte aufgeteilt beziehungsweise entlassen.

Für die Hälfte der in Deutschland betroffenen Lanxess-Mitarbeiter sei bereits eine Regelung gefunden worden, sagte Personalvorstand Rainier van Roessel. Insbesondere bietet der Konzern Abfindungen von bis zu 1,4 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr an. Dabei werden auch die Beschäftigungszeiten bei der früheren Mutter Bayer berücksichtigt. Bayer hatte 2004 seine Kautschuk- und Chemie-Geschäfte unter dem Namen Lanxess abgespalten. Wenn über das Abfindungsprogramm aber nicht genug Stellen und Einsparungen zusammenkommen, drohen Kündigungen. "Betriebsbedingte Kündigungen kann ich derzeit nicht ausschließen", sagte van Roessel.

Daneben spart Lanxess auch in vielen anderen Bereichen. Vermutlich wird der Konzern künftig auf die millionen-schwere Patenschaft für die "Lanxess-Arena" verzichten. "Wir halten den laufenden Vertrag ein, werden aber alle Sponsering-Aktivitäten überprüfen", sagte Zachert. Man fühle sich dem Standort Deutschland und dem Konzernsitz Köln verpflichtet. Allerdings sei die Marke Lanxess mittlerweile etabliert. Genau für diese Etablierung hatte der Konzern einst die Namensrechte an der Konzerthalle erworben.

Lanxess leidet wie andere europäische Chemie-Unternehmen unter der Konjunkturflaute und den Energiepreisen. Mittlerweile machen Energiekosten bis zu 15 Prozent der Herstellungskosten für Kunststoff aus, früher war es fünf Prozent. Zudem ist Lanxess unter dem früheren Chef Axel Heitmann zu schnell gewachsen. Heitmann ließ in Köln das frühere Lufthansa-Hochhaus in eine Zentrale umbauen, die von Platz und Ausstattung her überdimensioniert ist. Er machte den Konzern einseitig abhängig vom Kautschuk, der nun 40 Prozent zum Umsatz beisteuert, wodurch Lanxess stark von der Flaute der Autobranche betroffen ist. Und Heitmann ließ immer neue Werke bauen, dabei gibt es am Weltmarkt bereits Überkapazitäten. 2015 werden zwei neue Lanxess-Werke in China und Singapur fertig. Damit sie nicht zu einem weiteren Verfall der Weltmarktpreise beitragen, will Lanxess sie vorerst nur eingeschränkt nutzen. Der Stillstand verursacht Kosten von 50 Millionen Euro. "Lanxess ist aus der Spur geraten. Wir müssen zu alten Tugenden zurückkehren", sagt Zachert. Lanxess drücken derzeit Schulden von 1,7 Milliarden Euro, das 3,5-Fache des Gewinns.

Das aktuelle Sparprogramm in der Verwaltung ist der erste Teil des Umbaus. Ab 2015 will Lanxess die Produktion optimieren, dann sind die Schließung von Produktionsstandorten und die Streichung weiterer Jobs möglich. Ab 2016 schaut sich der Vorstand das Portfolio an. Verkäufe, Allianzen, Zusammenschlüsse - alles ist dann möglich.

(RP)
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