Nun muss der Bundestag entscheiden Ladenschluss: Bundesrat beschließt Gesetzentwurf

Berlin (rpo). Im Bundesrat ist dem Wunsch der Länder, über den Ladenschluss selbst zu bestimmen, stattgegeben worden. Das Ländergremium hat am Freitag einen Gesetzentwurf beschlossen. Dem muss dann allerdings noch der Bundestag zustimmen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) signalisierte seine Unterstützung für den Vorstoß der Länderkammer, will jedoch zunächst einen für Dezember erwarteten Bericht der Föderalismuskommission von Bund und Ländern abwarten. Die meisten Länder hatten bereits angekündigt, die Öffnungszeiten unter der Woche völlig freigeben zu wollen; vereinzelt wird auch über eine Lockerung an Sonntagen nachgedacht. Wiederstand kam weiter aus der SPD und von den Gewerkschaften.

Einheitliche Ladenschlusszeiten seien für gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht erforderlich, sagte Baden-Württembergs Sozialministerin Tanja Gönner (CDU). "Sollen die Händler doch selbst entscheiden, wie lange sie etwa ihre Geschäfte vor Weihnachten öffnen." Mit Arbeitsschutz habe das schon weitgehend liberalisierte Ladenschlussgesetz nichts mehr zu tun, sagte Gönner; dies werde im Arbeitszeitgesetz geregelt.

Clement hofft auf Lockerung der Ladenschlusszeiten

Auch Clement sprach sich erneut für eine Lockerung der Vorschriften aus. Nach Abschluss der Beratungen in der Föderalismuskommission könnten entsprechende Entscheidungen voraussichtlich noch in diesem Jahr fallen, sagte der Minister in der Länderkammer. Die vor knapp einem Jahr eingesetzte Kommission überprüft die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern und soll Vorschläge zur Modernisierung erarbeiten. Das Gremium sei mit den Beratungen aber bereits in Verzug, sagte Gönner. Der Ladenschluss könne unabhängig davon auch vorher schon geregelt werden.

Die Bundesländer berufen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das im Juni den Weg für eine grundlegende Neuordnung des Ladenschlusses aufgezeigt hatte. Die Richter erklärten das geltende Ladenschlussgesetz nach einer Klage der Metro-Tochter Kaufhof für verfassungsgemäß und unterstrichen den Schutz der Schutz der Sonn- und Feiertage. Zugleich stellten sie dem Bund anheim, die Regelungskompetenz an die Länder abzugeben.

Kritiker fürchten Uneinheitlichkeit bei den Ladenöffnungszeiten

Kritiker wie der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Klaus Brandner, warnen dabei vor einem "Flickenteppich". Die Öffnungszeiten seien erst vor einem Jahr gelockert worden und würden noch gar nicht voll ausgenutzt, betonte Brandner im Inforadio. "Aktueller Handlungsbedarf steht deshalb nicht auf der Tagesordnung." Die Grünen würden sich "nicht sperren", die Kompetenzen auf die Länder zu übertragen, hieß es aus der Fraktion. Auch hier wurde aber zunächst auf die Bund-Länder-Kommission verwiesen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bekräftigte ihre strikte Ablehnung von weiteren Gesetzesänderungen. "Die Beschäftigten haben schon ganz häufig in den Abendstunden keinen Feierabend", sagte Verdi-Vize Margret Mönig-Rahne in der ARD. Mit dem Votum des Bundesrats steige zwar der Druck, das Gesetz zu ändern. "Trotzdem vertraue ich darauf, dass die Worte, die uns gegeben wurden, auch halten", betonte Mönig-Rahne.

Jetzt werde sich zeigen, "ob die Koalitionsfraktionen unter dem Einfluss der Gewerkschaften auf Zeit spielen oder noch in dieser Legislaturperiode den Mut zur Entscheidung haben", erklärte der Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hermann Franzen. Eine Verlängerung der Öffnungszeiten sei bei einer gesetzlichen Freigabe nicht generell zu erwarten. Sie schaffe jedoch Spielraum für die Unternehmen und baue Wettbewerbsverzerrungen zu Bahnhöfen und anderen Standorten ab, wo jetzt schon länger geöffnet bleiben dürfe. Auch aus der Union kam Unterstützung für den Ländervorstoß: Mit einer Freigabe "würde der Einzelhandel endlich in die Lage versetzt, den tatsächlichen Wünschen der Konsumenten Rechnung zu tragen", erklärte der mittelstandspolitische Sprecher Hartmut Schauerte.

(afp)
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