Vor der entscheidenden Hauptversammlung Staatshilfe für Lufthansa auf der Kippe

Am Montag gibt es ein Krisentreffen im Finanzministerium, weil Großaktionär Thiele mit einem Veto gegen den Staatseinstieg droht. Nun bereitet sich die Lufthansa auf den Ernstfall vor. Und verlässt nach 32 Jahren den Dax.

 Beschäftigte in Frankfurt warnten am Freitag den Lufthansa-Großaktionär Thiele, die Rettung der Airline zu blockieren.

Beschäftigte in Frankfurt warnten am Freitag den Lufthansa-Großaktionär Thiele, die Rettung der Airline zu blockieren.

Foto: dpa/Arne Dedert

Nach 32 Jahren ist Schluss: Die Lufthansa steigt aus dem Dax ab, in dem sie von Beginn an dabei war. Von Montag an wird die Fluggesellschaft nur noch im M-Dax der mittelgroßen Werte gehandelt. Ihren Platz im Dax übernimmt die Deutsche Wohnen. Doch was für den Konzern viel schlimmer ist: Die für das Überleben notwendige Staatshilfe steht auf der Kippe. Denn der neue Großaktionär Heinz Hermann Thiele macht Ärger. Er droht, auf der außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag dem Einstieg des Staates über eine Kapitalerhöhung nicht zuzustimmen, weil ihm die damit verbundenen Auflagen zu hart sind.

Die Lufthansa richtet sich angesichts einer niedrigen Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung sogar auf eine mögliche Insolvenz ein. „Seit heute Nacht wissen wir, dass unsere Aktionäre weniger als 38 Prozent des Kapitals für diese Hauptversammlung angemeldet haben“, hieß es in einem Brief von Lufthansa-Chef Carsten Spohr an die Mitarbeiter. „Damit steht fest, dass bei der Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden muss, die nach jüngsten Äußerungen von wichtigen Aktionären insbesondere zu den Konditionen der Kapitalerhöhung nicht sicher erscheint.“ Der Hintergrund: Liegt die Aktionärspräsenz bei unter 50 Prozent, ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmrechte nötig. Thiele, der zuletzt gut 15 Prozent der Anteile hielt, hat seine Zustimmung offen gelassen.

„Für den Fall, dass die Hauptversammlung keine Zustimmung für die Stabilisierungsmaßnahmen des Bundes erteilt, haben wir umfangreiche Vorbereitungen getroffen, unter anderem, um ein Grounding zu verhindern“, schrieb Spohr nun im Mitarbeiterbrief. „Auch würden wir die verbleibende Zeit bis zur Anmeldung einer Insolvenz nutzen, um mit der Bundesregierung Optionen zu besprechen.“

Am heutigen Montag soll es ein Krisentreffen mit Lufthansa, Thiele und Vertretern der Bundesregierung geben. Dazu werde Thiele am Montagvormittag im Bundesfinanzministerium erwartet, sagte ein Insider. Vorgesehen sei auch die Teilnahme von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Weder das Finanz- noch das Wirtschaftsministerium wollten sich dazu äußern.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) machte bereits in der vergangenen Woche klar, dass er keinen Spielraum für Nachverhandlungen sieht und nicht mit einem Kippen des Deals rechnet. „Wir haben eine gut abgewogene Lösung gefunden. Das haben viele bescheinigt. Deshalb hoffe ich, dass es eine gute Entscheidung der Aktionäre gibt. Da setze ich jetzt drauf“, sagte Scholz am Mittwoch. Im Finanzministerium wird darauf verwiesen, dass auch die EU-Kommission bereits zugestimmt habe. Mit einem Paukenschlag wird am Montag nicht gerechnet. Es gelten strenge aktienrechtliche Restriktionen, das Treffen kann aber möglicherweise zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen – und eine Eskalation im Verlauf der Woche verhindern.

 Das Rettungspaket für Lufthansa sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Airline aufzubauen. Im Gegenzug muss Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

Dass die Lufthansa heute nach 32 Jahren aus der ersten Börsenliga in den M-Dax absteigt, ist dabei das kleinste Problem des Konzerns. Die Deutsche Wohnen löst die Airline im Dax ab.

(jd/dpa)
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