Berichtsaison in vollem Gange Krise erreicht deutsche Großkonzerne

Berlin · Die schwächelnde Weltkonjunktur macht den großen deutschen Unternehmen zunehmend zu schaffen. Siemens meldete am Donnerstag einen Auftragsrückgang um 23 Prozent, der Chemieriese BASF einen Gewinnrückgang um 15 Prozent. Firmen, die überwiegend Geschäfte in Deutschland machen, geht es aber nach wie vor gut, und auch die Verbraucher sind trotz Schuldenkrise weiterhin in ungetrübter Konsumlaune.

2012: Top Ten der gewinnstärksten Konzerne der Welt
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Siemens-Chef Peter Löscher erklärte bei der Vorlage der Zahlen für das Quartal von April bis Juni, sein Unternehmen spüre "eine zunehmende Investitionszurückhaltung bei unseren Kunden und einen stärkeren konjunkturellen Gegenwind". Es sei schwieriger geworden, das selbst gesteckte Gewinnziel von 5,2 bis 5,4 Milliarden Euro für das Gesamtjahr zu erreichen.

Siemens konnte im abgelaufenen Quartal seinen Umsatz um zehn Prozent auf rund 19,5 Milliarden Euro und den Gewinn auf 823 Millionen Euro steigern. Der Gewinn stieg allerdings nur so stark an, weil er im Vorjahresquartal wegen hoher Sonderlasten so niedrig ausgefallen war.

Der weltweit größte Chemiekonzern BASF verwies auf den deutlichen Wachstumsrückgang in China. Vorstandschef Kurt Bock erklärte, das Unternehmen schätze die Rahmenbedingungen für 2012 vorsichtiger ein als noch zu Jahresbeginn - bestätigte aber die Gewinnprognose. Im zweiten Quartal machte BASF einen Gewinn von 1,23 Milliarden Euro und setzte 19,5 Milliarden Euro um, fünf Prozent mehr als im Vorjahresquartal.

Bei der Deutschen Bahn sorgten die Auswirkungen der Schuldenkrise für Einbußen im Gütergeschäft. Gestiegene Fahrgastzahlen im Inland ließen Umsatz und Gewinn aber insgesamt steigen. "Wir haben der Konjunktur im ersten Halbjahr die Zunge rausgestreckt", sagte Finanzvorstand Richard Lutz.

Auch Europas größter Autohersteller Volkswagen konnte seinen Gewinn in den ersten sechs Monaten um 6,7 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro und den Umsatz um fast 23 Prozent auf 95,4 Milliarden Euro steigern. VW fuhr damit der europäischen Autoindustrie davon.

Mittelstand in Höchstform

Der deutsche Mittelstand sei in "Höchstform", ergab eine Auswertung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Mittelständische und familiengeführte Unternehmen seien "in Rekordverfassung und hoch rentabel", erklärte der Verband, der die Bilanzen von 36.700 Firmen aus dem vergangenen Jahr auswertete. Sie steigerten demnach ihre Eigenkapitalquote von 18,6 Prozent 2010 auf 20,7 Prozent 2011.

Die "Deutsche Handwerks Zeitung" berichtete, die Einschätzung der aktuellen und künftigen Lage in den Handwerksbetrieben rangiere nahezu auf einem Allzeithoch. Die Verunsicherung über den Verlauf der Konjunktur sei im Handwerk noch nicht angekommen. Der Verband Die Familienunternehmer erklärte, seine Mitgliedsunternehmen bewerteten ihre Lage derzeit als gut. Allerdings trübe sich das Stimmungsbild.

Bürger in Kauflaune

Trotz Banken- und Schuldenkrise in Europa zeigen sich die Deutschen weiter in bester Kauflaune. Allerdings beurteilten sie im Juli die konjunkturelle Entwicklung im Land erneut skeptischer als im Vormonat, wie der Nürnberger Marktforscher GfK in seiner am Donnerstag veröffentlichten Konsumklimastudie mitteilte. Leichte Einbußen verzeichnete zudem die Einkommenserwartung, die aber weiter auf einem hohen Niveau liegt.

Für den Gesamtindikator, den Konsumklimaindex, prognostiziert die GfK für August dennoch einen Anstieg auf 5,9 Zähler, von 5,8 Punkten im Juli.

Der Konjunkturoptimismus der Deutschen schwinde, schreibt GfK-Autor Rolf Bürkl. Die Verbraucher befürchteten immer mehr, dass nun auch die deutsche Wirtschaft in den Krisenstrudel gezogen werde.
Denn die wirtschaftlichen Probleme in Italien, Spanien und Großbritannien, wichtigen Handelspartnern Deutschlands, dürften nicht ohne Auswirkungen auf die Exportentwicklung in Deutschland sein.

Der Index der Konjunkturerwartung verschlechterte sich daher zum zweiten Mal in Folge und büßte im Juli im Vergleich zum Vormonat 8,6 auf minus 5,6 Punkte ein. Er liegt damit erstmals seit Dezember 2011 wieder im Minus-Bereich.

Einkommenserwartung bleibt stabil

Geringfügige Abstriche muss auch der Index der Einkommenserwartung hinnehmen: Er sank um 3,8 auf 36,3 Punkte, bewegt sich laut GfK damit aber schon seit zwei Jahren - mit zwei Ausnahmen - stabil jenseits der 30-Punkte-Marke. Die steigende Beschäftigung und bessere Tarifabschlüsse ließen die Verbraucher darauf hoffen, künftig mehr Geld in der Tasche zu haben, erklärte Bürkl.

Gestützt werde diese Einschätzung von der Inflation, die zuletzt die psychologisch wichtige Marke von zwei Prozent unterschritten hat.

All das gebe den Menschen Planungssicherung und sorge dafür, dass sie die Zeit für größere Anschaffungen für günstig halten, schreibt Bürkl. So stieg der Index der Anschaffungsneigung im Juli zum dritten Mal in Folge und liegt mit 35,8 Zählern um 3,1 Punkte über dem Vormonat und um 1,7 Punkte über dem Vorjahr.

Gestützt wird die Kauffreude der Verbraucher nach wie vor vom fehlenden Vertrauen in die Finanzmärkte und dem historisch niedrigen Zinsniveau. Statt ihr Geld also wenig gewinnbringend zu sparen, geben es die Menschen derzeit lieber für werthaltige Anschaffungen wie Möbel oder Immobilien aus.

Für die aktuelle Konsumklimastudie befragte die GfK rund 2.000 Verbraucher. Die Ergebnisse der nächsten Befragung werden am 28.
August veröffentlicht.

(AFP/dapd)
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