CDU-Chefin in Düsseldorf Kramp-Karrenbauer auf vermintem Terrain

Beim Unternehmertag NRW gibt sich die CDU-Chefin betont wirtschaftsnah. Angriffe auf den Koalitionspartner gibt es nur verklausuliert, stattdessen einen Exkurs über die Herausforderungen des Wirtschaftsstandortes.

 Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spricht beim Unternehmertag NRW.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spricht beim Unternehmertag NRW.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Organisatoren des Unternehmertages NRW dürften sich vor Glück die Hände gerieben haben. An Tag eins nach der umstrittenen Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur EU-Kommissionschefin findet das alljährliche Schaulaufen der NRW-Wirtschaft in den Düsseldorfer Rheinterrassen statt. Und als Gastrednerin schon seit Monaten fest eingeplant: von der Leyens Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.

Natürlich wollen die Unternehmer hören, wie harsch die CDU-Vorsitzende den Koalitionspartner SPD angeht. Immerhin hatte er eine Enthaltung bei der Abstimmung Deutschlands über die erste deutsche EU-Kommissionschefin erzwungen. Doch Kramp-Karrenbauer ringt sich lediglich einen kritischen Halbsatz ab. Eine Blockade der nun gefundenen Lösungen könne zu einem Streit der Institutionen zur Unzeit führen, so der Tenor.

Dabei könnte AKK mit harschen Worten in Richtung SPD Boden gutmachen. Schließlich hatte die NRW-Unternehmerschaft zuletzt den Eindruck gewonnen, dass in Sachen Sozialpolitik einiges aus dem Ruder läuft. „Die Umverteilungspolitik der vergangenen Jahre geht bereits jetzt zulasten von Zukunftsinvestitionen in Bildung, Innovationen, Digitalisierung und Verkehrsinfrastruktur“, warnt Gastgeber und Unternehmer-NRW-Präsident Arndt Kirchhoff.

Doch Kramp-Karrenbauer ist vorsichtig. In NRW steht sie ohnehin unter besonderer Beobachtung. Die Saarländerin hatte sich im Kampf um den CDU-Vorsitz gegen Friedrich Merz und Jens Spahn durchgesetzt. Beide stammen aus NRW, wie Kirchhoff zur Begrüßung frotzelnd sagt, nur um gleich darauf hinzuzufügen, er wisse ja, dass Kramp-Karrenbauer „über ein ausgeprägtes wirtschaftspolitisches Verständnis“ verfüge. „Beste Voraussetzungen heute, um die Herzen der Unternehmer zu gewinnen.“ Tatsächlich sitzt in den Rheinterrassen an diesem Abend aber so mancher Unternehmenslenker, der lieber den Wirtschaftspolitiker Merz auf dem CDU-Chefsessel sitzen sähe. Und so heißt es für AKK, vor allem mit Wirtschaftspolitik zu punkten.

Sie arbeitet sich an den Themen entlang. Bedrohung durch chinesischen Staatskapitalismus, Bedrohung durch amerikanischen Datenkapitalismus, Bedrohung durch amerikanische Abschottungspolitik und den Handelskonflikt. Dazu habe sich Deutschland mit dem zeitgleichen Ausstieg aus Atomkraft und Kohle so viel vorgenommen wie kein anderes Hochindustrieland. Sie skizziert die Folgen der Digitalisierung („noch dramatischer als der Klimawandel“) – nur um wenige Momente später davon zu reden, man solle sich in Deutschland ein Beispiel an der Start-up-Mentalität der Israelis nehmen, die trotz Raketenbeschusses einen bemerkenswerten Optimismus an den Tag legten, während hierzulande viele morgens aus der Tür treten „in ständiger Sorge, ihnen könne der Himmel auf den Kopf fallen“.

Konkrete Vorhaben nennt Kramp-Karrenbauer nur wenige. Sie räumt ein, dass Deutschland in Sachen Besteuerung der Unternehmen im internationalen Vergleich zurückgefallen sei. Es gebe in den Reihen der CDU ein Impulspapier, dass eine Deckelung der Steuerbelastung für Unternehmen bei maximal 25 Prozent vorsehe. Einer CO2-Steuer erteilt sie erneut eine Absage. Man müsse das bestehende System von Energieabgaben, -umlagen und steuern mit teils widersprechenden Wirkungen und seiner Intransparenz reformieren. Und sie fordert beschleunigte Genehmigungsverfahren beim Ausbau des schnellen Mobilfunkstandards 5G.

 Arndt Kirchhoff, AKK, Nathanael Liminski, Hans Jürgen Kerkhoff

Arndt Kirchhoff, AKK, Nathanael Liminski, Hans Jürgen Kerkhoff

Foto: Bröcker, Michael
 Bodo Löttgen (CDU, von links), Christiane Schönefeld, Paul Ziemiak (CDU)

Bodo Löttgen (CDU, von links), Christiane Schönefeld, Paul Ziemiak (CDU)

Foto: Bröcker, Michael

Am Ende gibt es dafür freundlichen Applaus. „Wenig mitreißend“, raunt ein Unternehmer seinem Sitznachbarn zu. „Analyse, Analyse, Analyse“, ist dessen Antwort. Die Herzen der NRW-Wirtschaft gewonnen, hat die CDU-Chefin an diesem Mittwoch wohl nicht.

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