Neun von zehn zahlen drauf Kassenpatienten müssen Hunderte Euro mehr zahlen

Berlin (RP). Der einheitliche Beitragssatz in der Krankenversicherung wird 2009 voraussichtlich 15,5 Prozent betragen. Das hat ein Expertengremium mehrheitlich vorgeschlagen. Ein solcher Beitragssatz hätte enorme Folgen. Neun von zehn Versicherten zahlen künftig drauf.

Der Schätzerkreis der Krankenkassen, ein Expertengremium aus Fachleuten des Bundesversicherungsamtes, des Bundesgesundheitsministeriums und der Krankenkassen, hat sich nach einer viertägigen Sitzung nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag für die Höhe des künftigen Beitragssatzes einigen können. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass sich die Bundesregierung dem Mehrheitsvotum von 15,5 Prozent anschließen wird. Die Kassen-Vertreter forderten 15,8 Prozent.

Der einheitliche Beitragssatz ist das Kernstück des so genannten Gesundheitsfonds, mit dem die Koalition ab 2009 die Krankenversicherung umbaut. In den Fonds, der wie ein gemeinsames Konto aller Kassen funktioniert, fließen sämtliche Beitragseinnahmen. Das Bundesversicherungsamt verteilt als Fondsverwalter das Geld je nach Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand der Versicherten an die Kassen. Den Beitragssatz legt die Bundesregierung fest.

Ein Beitragssatz von 15,5 Prozent hätte enorme Folgen für die Versicherten. Laut Institut für Gesundheitsökonomik in München müssten 45 Millionen Kassenpatienten, neun von zehn Versicherten, mehr für ihre Gesundheitsversorgung bezahlen. Im Extremfall kann das für Mitglieder günstiger Kassen eine Zusatzbelastung von jährlich bis zu 712 Euro ausmachen. Bei den großen Kassen fällt die Belastung geringer aus, wie das Internet-Portal krankenkassen.de beispielhaft für unsere Zeitung errechnet hat. Demnach müsste ein Arbeitnehmer mit einem Bruttolohn von 3600 Euro bei der AOK Rheinland-Hamburg monatlich 5,40 Euro mehr zahlen. Bei der IKK Direkt wäre ein Aufschlag von 30,60 Euro fällig. Ein Mitglied der Techniker Krankenkasse (TK) mit einem Bruttoverdienst von 2000 Euro würde monatlich acht Euro mehr zahlen (siehe Grafik).

Arbeitgeber und Gewerkschaften übten scharfe Kritik an dem "Rekordbeitragssatz". Die Chefs der Krankenkassen sprachen dagegen von einer "wahltaktischen" Entscheidung und forderten einen höheren Beitrag. "15,5 Prozent decken nicht 100 Prozent der Ausgaben ab, so wie es notwendig ist", sagte Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland-Hamburg. "Alleine die Mehrausgaben für Kliniken und Ärzte belaufen sich auf sechs Milliarden Euro." Jacobs forderte einen höheren Steuerzuschuss des Bundes. Einen eigenen Zusatzbeitrag für die Versicherten schloss er aus. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wehrte sich gegen noch höhere Sätze. Die Kassen hätten genügend Instrumente, um Geld einzusparen, etwa in der Verwaltung, sagte eine Sprecherin.

(RP)
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