Proteste angedroht Kassenärzte fordern 4,5 Milliarden mehr Honorar

Ulm (RPO). Die deutschen Kassenärzte fordern 4,5 Milliarden Euro mehr an Honoraren. Ohne die zusätzlichen Mittel sei die Versorgung der Patienten nicht mehr zu gewährleisten. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt steht damit ein handfester Krach ins Haus. Sie hatte den Kassenärzten bisher nur halb so viel zusätzliche Mittel geboten.

Soviel mehr kassieren Ärzte bei Privatpatienten
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Foto: AP

"Ohne diese Finanzspritze ist die Versorgung der Patienten nicht mehr zu gewährleisten", warnte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, am Montag in Ulm. Er kündigte eine "Protest- und Ausstiegswelle ungeheuerlichen Ausmaßes" an, falls das Geld nicht bei den Ärzten ankommt.

Schmidt hatte zuletzt in Aussicht gestellt, die Honorare für die Hausärzte und niedergelassenen Fachärzte von heute rund 23 Milliarden Euro um etwa zehn Prozent aufzustocken. Eine Summe von rund 2,5 Milliarden Euro ist im Gespräch. Dies bedeutet etwa 0,25 Prozentpunkte zusätzlich beim Krankenkassenbeitrag.

Mehr Geld auch in Bayern und Baden-Württemberg

Köhler zeigte sich bei der KBV-Vertreterversammlung hingegen zuversichtlich, dass die Kassenärzte das Plus um 4,5 Milliarden Euro durchsetzen können. Dies würde den Krankenkassenbeitrag um knapp einen halben Prozentpunkt teurer machen. "Diese zusätzlichen Mittel garantieren: in Baden-Württemberg und Bayern wird den Vertragsärzten auf gar keinen Fall etwas weggenommen", versicherte Köhler in seinem Redetext, der AP vorab vorlag. Gleichzeitig könnten die Vergütungen für Ärzte in Berlin und Ostdeutschland deutlich wachsen.

Hintergrund der Debatte ist die für 2009 geplante Honorarreform, seit Jahren währende Klagen der Ärzte über Finanznot in ihren Praxen sowie die zuletzt heftigen Proteste der Hausärzte in Bayern und Baden-Württemberg, die mit dem Ausstieg aus dem Kassenarztsystem drohen. In beiden Bundesländern liegen die Vergütungen bislang noch über dem Bundesdurchschnitt; da das Honorarniveau mit der Reform angeglichen werden soll, fürchten sie ab 2009 Verluste. Diese Sorge versuchte auch Ministerin Schmidt zu zerstreuen: "Es wird nicht weniger Geld geben", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Freie Wahl nur noch beim Hausarzt

KBV-Chef Köhler machte darüber hinaus tiefgreifende Reformvorschläge: Kassenpatienten sollen demnach künftig nur noch Allgemeinmediziner - also den Hausarzt - frei wählen dürfen; zum Facharzt wie etwa einem Orthopäden oder Hautarzt sollen sie - im Gegensatz zu heute - nur mit einer Überweisung dürfen. Nur wer bei der Krankenkasse einen Zusatztarif bucht, soll weiter auch Fachärzte ohne Überweisung aufsuchen dürfen. Gleichzeitig soll es für Mediziner attraktiver werden, als Hausarzt zu arbeiten, unter anderem durch bessere Honorare.

Ziel von Köhlers Vorschlag ist "Versorgungssicherheit" für Patienten und der Erhalt des KV-Systems als Grundversorgung. Dieses wird derzeit von immer mehr Einzelverträgen zwischen Ärzten und Krankenkassen unterlaufen. Schmidt hatte dies mit den jüngsten Gesundheitsreformen in die Wege geleitet. Köhler beklagte jedoch, dass der gewünschte Wettbewerb ungeordnet laufe.

Inzwischen gebe es zum Beispiel rund 60 Hausarztverträge und 5.000 Integrationsverträge. "Die Versorgungslandschaft wird zersplittert", warnte Köhler. Das KV-System sei hier als Klammer nötig, sonst drohe ein "Versorgungsflickenteppich". Würden Ausstiegsszenarien wie in Bayern und Baden-Württemberg Schule machen, würde zunächst Chaos herrschen, warnte Köhler.

(ap)
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