Jeder neunte Arbeitsplatz fällt weg Karstadt will 2000 Stellen streichen

Essen · Das Essener Warenhauskonzern Karstadt will jeden neunten Arbeitsplatz streichen. Insgesamt 2000 Stellen sollen abgebaut werden. Nach informationen unserer Redaktion sind 280 Arbeitsplätze in der Essener Hauptverwaltung betroffen.

Ein "obdachloser Milliardär" rettet Karstadt
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Der 2010 vor der Pleite gerettete Warenhauskonzern Karstadt hat seine Krise offensichtlich noch nicht endgültig gemeistert. Das Unternehmen, das vor zwei Jahren durch den deutsch-amerikanischen Investor Nicolas Berggruen nach monatelangen Übernahmeverhandlungen vor dem Kollaps bewahrt worden war, kündigte gestern Abend an, in den nächsten beiden Jahren etwa 2000 Vollzeit-Arbeitsplätze streichen zu wollen. Damit baut das Unternehmen jede neunte Vollzeitstelle ab. Einschließlich der Teilzeitkräfte beschäftigt Karstadt derzeit noch rund 24 000 Mitarbeiter.

Den Stellenabbau will Karstadt "primär über Frühpensionierungen, Nichtverlängerung von befristeten Verträgen sowie freiwilligen Austritt" umsetzen. Das heißt im Umkehrschluss: Auch betriebsbedingte Kündigungen dürften nicht ausgeschlossen sein. Im Sanierungstarifvertrag, der vor Jahren bei der Rettung des Unternehmens zwischen dem Vorstand und der Gewerkschaft Verdi geschlossen worden war, gab es eine Jobgarantie, aber auch die läuft Ende August aus.

Nach Informationen unserer Zeitung sollen in der Essener Hauptverwaltung 280 Stellen gestrichen werden. Zudem hat Karstadt bundesweit 15 Häuser ausgemacht, die überproportional von Umsatzrückgängen betroffen sind. Dazu gehören Düsseldorf, Duisburg und Dortmund. Möglicherweise fällt auch der Stellenabbau in diesen Niederlassungen deutlicher aus.

Das Traditionsunternehmen, das vor drei Jahren Insolvenz angemeldet hatte, muss dringend Kosten sparen. Denn ab Herbst kommen auf Karstadt nach dem Auslaufen des Sanierungstarifvertrages rund 50 Millionen Euro an Mehrkosten zu.

Dass die neuen Abbaupläne zusammen mit der Rückkehr zum Flächentarifvertrag am 1. September verkündet werden, gilt als Indiz dafür, dass Karstadt ohne weitere Einsparungen die Zusatzlasten nicht schultern kann. Karstadt-Chef Andrew Jennings selbst verkaufte gestern die Rückkehr zum Flächentarif lieber mit der Aussage, dass die Mitarbeiter mit der Rückkehr zu Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen acht Prozent mehr Einkommen hätten. Die höheren Personalkosten seien in den Budgetplanungen berücksichtigt, hatte er im Februar dieses Jahres erklärt.

"So schmerzhaft diese Maßnahmen für die betroffenen Mitarbeiter sind, so notwendig sind sie. Karstadt muss seine Organisation anpassen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben und die erforderlichen Schritte unternehmen, um unseren Erfolg langfristig zu sichern," so Jennings. Karstadt wolle seine Effizienz weiter steigern und den Konzern "auf Kurs für nachhaltiges und anhaltendes Wachstum halten". Der Stellenabbau solle "so sozialverträglich wie möglich" erfolgen.

Bei der Gewerkschaft Verdi lösten die Abbaupläne Unverständnis aus. "Das ist ein falsches Signal an die Kunden und an die Beschäftigten. Die Karstadt-Strategie 2015 braucht für den Erfolg motivierte und engagierte Mitarbeiter, die die fachliche Beratung des Kunden sicherstellen", sagte Verdi-Sprecher Christoph Schmitz unserer Zeitung. Statt auf die kurzfristige Verringerung der Personalkosten zu setzen, seien deutliche Investitionen in die Modernisierung der Filialen nötig. "Die Beschäftigten haben durch ihren Verzicht auf tarifliche Leistungen einen erheblichen Beitrag zur Rückkehr in die Gewinnzone geleistet. Da ist die Drohung mit Stellenabbau verfehlt", sagte Schmitz.

(RP/rm/das)
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