Sechs Filialen schließen Karstadt soll weiterleben

Essem (RP). Fast einstimmig hat die Gläubigerversammlung die Fortführung beschlossen. Damit ist der Warenhaus-Betreiber aber noch nicht gerettet. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg kündigte die Schließung von sechs der bundesweit noch 126 Filialen bis Anfang 2010 an. Zudem muss ein Investor her, und es muss eine Einigung mit den Vermietern geben.

Karstadt-Mitarbeiter protestieren für ihre Jobs
11 Bilder

Karstadt-Mitarbeiter protestieren für ihre Jobs

11 Bilder

Als Marcus Cramer aus der kurzen Pause in die Karstadt-Gläubigerversammlung zurückkehrt, strahlt er jede Menge Optimismus aus: "Das Ganze läuft total positiv. Und wir Mitarbeiter glauben sowieso an das Unternehmen." Cramer, 47, kaufmännischer Angestellter beim insolventen Warenhaus-Konzern, verschwendet keine Zeit an irgendwelche Zweifel. Das ist nachvollziehbar für die Belegschaft.

Aber eineinhalb Stunden später darf Cramer sich bestätigt fühlen: 99 Prozent aller anwesenden Gläubiger stimmen für die Weiterführung von Karstadt. Das bedeutet: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg soll einen Sanierungsplan vorstellen, über den die Gläubiger dann erneut abstimmen.

Karstadt soll also weiterleben ­ zumindest vorerst. Das Unternehmen läuft derzeit zufriedenstellend und hofft jetzt auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. Ob es dauerhaft existieren kann, hängt vor allem von den Verhandlungen mit Vermietern abund davon, ob es dann einen Investor für die überlebensfähigen Teile von Karstadt gibt.

Wie das Konzept aussehen kann, verdeutlicht einer, der es wissen muss: "Eigentlich müsste man für jeden Standort ein eigenes Konzept entwickeln, sehen, was an dem Standort schon angeboten wird und was Karstadt dort noch verkaufen kann", sagt ein Mitarbeiter in der Pause. Seit 22 Jahren arbeitet er für Karstadt, die dritte Sparrunde macht er jetzt schon mit, aber er sieht immer noch eine Zukunft: "Wir sind auf dem richtigen Weg. Eine Liquidierung würde auch nichts bringen."

Das sehen die anderen Gläubiger offensichtlich genauso, nachdem ihnen Insolvenzverwalter Görg für den Fall der Karstadt-Pleite eine Quote im einstelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt hat. Mit anderen Worten: Von 100 Euro, die sie an Forderungen erhoben haben, würden sie vermutlich höchstens fünf wiedersehen. Allein gegenüber den Banken hat Karstadt derzeit Schulden von rund einer Milliarde Euro.

Also geht es weiter mit dem Traditionsunternehmen. Einem Unternehmen, dessen Manager nach Einschätzung von Görg den Zug der Moderne schon in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verpasst haben, weil sie sich zwar jede Menge Spezialanbieter einverleibten, aber allen das Universal-Warenhaus-Konzept des Konzerns überstülpten. Die ihre Sortimente nicht eindringlich genug auf den Prüfstand stellten und deshalb nicht konkurrenzfähig blieben.

Und das Geld, das sie in die Entwicklung des operativen Handelsgeschäfts hätten stecken sollen, in teure Zukäufe und Bündnisse (Neckermann, Quelle, Thomas Cook) investierten. Die Tatsache, dass Karstadt Unternehmen wie neckermann, Hertie und Quelle gerettet habe, sei mitentscheidend für die Karstadt-Insolvenz gewesen, sagt Görg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort