Schließung des Fahrzeugbaus denkbar "Karmann wird die Krise überstehen"

Osnabrück (RPO). Der Fahrzeugbausparte des Autozulieferers Karmann droht das Aus. 1800 Stellen will das Osnabrücker Unternehmen mangels Aufträge streichen. "Karmann wird die Krise überstehen", sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Mit der Herstellung von Cabriodächern mache Karmann weiterhin gute Geschäfte.

Auch ohne den Fahrzeugbau sei Karmann überlebensfähig. "Das Unternehmen ist mit seinen Verdecksystemen für Cabrios sehr innovativ aufgestellt", sagte Dudenhöffer im Gespräch mit RP Online. Das zeige zum Beispiel die Kooperation mit der Luxusmarke Bentley: Dass Karmann für die VW-Tochtergesellschaft die Cabriodächer produziere, spreche für das hervorragende Know-How der Osnabrücker. Karmann-Sprecher Christian Eick hatte erklärt, der Bau von Cabriodächern sei von der Krise nicht betroffen.

Dagegen hat der Fahrzeugbau massive Probleme. Am Standort Rheine läuft die Produktion des Audi A4-Cabrios aus. In Osnabrück baut Karmann nur noch bis 2009 den Mercedes CLK, die Herstellung des Chrysler Crossfire endet bereits 2008. Zudem blockiert Porsche als VW-Großaktionär einen Auftrag von Volkswagen an Karmann, behauptet Dudenhöffer. Weil die Osnabrücker Unternehmensleitung keine neuen Aufträge akquirieren konnte, kündigte sie den Abbau von nsgesamt 1800 Stellen an beiden Standorten an.

Dudenhöffer skizziert zwei Wege vor, wie Karmann im Fahrzeugbau aus der Krise finden könnte. Zum einen müsste das Unternehmen durch Zeitarbeit flexibler gemacht werden. In diesem Punkt sei der österreichische Konkurrent Magna Steyr besser aufgestellt.

Zum anderen seien die Ministerpräsidenten Chrstian Wulff (Niedersachsen) und Jürgen Rüttgers (NRW) in der Pflicht. Als VW-Aufsichtsrat müsse sich Wulff dafür einsetzen, dass Karmann sich um den Bau des geplanten VW Polo "ernsthaft" bewerben dürfe. Und Rüttgers solle sich in Rheine für den Erhalt von 900 gefährdeten Arbeitsplätzen einsetzen. Auf der IAA hatte VW das Polo-Cabrio als Studie vorgestellt, die großes Interesse erregte.

Dass Porsche einen Auftrag von Volkswagen an Karmann blockiere, passe nicht zur Philosophie des Stuttgarter Autobauers. "Porsche arbeitet beim Bau des Boxster und Cayman mit einem finnischen Unternehmen zusammen", erklärt Dudenhöffer.

Das Ausbleiben eines Auftrags von Volkswagen für den Osnabrücker Cabriobauer und Fahrzeugbau-Zulieferer Karmann ist nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer auf einen alten Rechtsstreit zwischen Karmann und dem VW-Großaktionär Porsche zurückzuführen. Karmann habe in den 90er Jahren Porsche erfolgreich wegen eines Ideenklaus verklagt, sagte Dudenhöffer der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagausgabe) laut Vorabbericht. Dies sei ein Fehler gewesen. Nachdem Porsche größter Aktionär bei VW geworden sei, blockiere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking die Vergabe neuer Aufträge an das Osnabrücker Unternehmen, obwohl Karmann Cabrios viel günstiger herstellen könne als VW selbst.

Karmann hatte angekündigt, wegen fehlender Aufträge sollten bis zum kommenden Jahr 1770 Stellen gestrichen werden. Im Werk Rheine sollten 900 der 1000 Arbeitsplätze bis zum dritten Quartal 2008 wegfallen. Am Standort solle aber festgehalten und weiter Dachsysteme gefertigt werden. Im Osnabrücker Stammwerk sollen den Angaben zufolge innerhalb eines Jahres rund 870 Stellen gestrichen werden. Sollte es bis 1. Juli 2008 keinen Folgeauftrag geben, ist laut Karmann eine Schließung des Fahrzeugbaubereichs nicht ausgeschlossen.

Dudenhöffer sagte, ein neuer Fahrzeugauftrag für Karmann sei "die marktwirtschaftlichste Lösung, die man sich vorstellen kann". Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) müsse daher vermittelnd eingreifen, um den drohenden Abbau von fast 1800 Stellen bei Karmann zu verhindern.

(afp)
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