ThyssenKrupp im Visier Justiz prüft Strafverfahren gegen Vorstand

Düsseldorf · Eine umstrittene Reise von ThyssenKrupp-Vorstand Jürgen Claassen nach Miami und New York vor zwei Jahren hat nun auch ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Essen hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der möglichen Untreue gegen den 54-jährigen Manager begonnen.

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"Wir überprüfen, ob wir ermitteln", sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Kassenböhmer unserer Redaktion. Das Landeskriminalamt Düsseldorf habe die Staatsanwaltschaft auf einen entsprechenden Medienbericht aufmerksam gemacht, so Kassenböhmer. Laut diesem Bericht hat Claassen einige Tage lang in zwei teuren Top-Hotels von Miami und New York gewohnt und nachträglich nur oberflächlich erläutert, was er da getan habe.

ThyssenKrupp erklärte, Claassen habe in seiner Eigenschaft als früherer Kommunikationschef die fünftägige Reise aus dienstlichen Gründen unternommen. Er habe mit Kollegen die sechs Wochen später stattfindende Eröffnungsfeier für das neue Stahlwerk in Alabama vorbereitet. Es sei zwar richtig, dass Claassen während der Reise auch Verwandte zu einem Abendessen in New York traf, doch Claassen habe auf der Reise alle privaten Ausgaben selbst gezahlt. Der Konzern habe eine "umfassende interne Untersuchung" zu der Reise eingeleitet.

Gleichzeitig bestätigte der Konzern einen Berichts des "Handelsblatt", dass es erneut zu einem Korruptionsfall bei ThyssenKrupp gekommen ist. Mitarbeiter der Tochtergesellschaft GfT Bautechnik sollen in Osteuropa mit unsauberen Methoden gearbeitet haben. Wegen des Verdachts auf Untreue schaltete Thyssen darum die Staatsanwaltschaft ein. Sechs verdächtige Mitarbeiter wurden entlassen. "ThyssenKrupp sieht sich als geschädigt und hat Schadensersatzansprüche geltend gemacht", so der Konzern.

Das Verfahren ins Rollen gebracht hatten anonyme Hinweise auf unsaubere Praktiken im Jahr 2010. Diese Informationen hätten sich zwar nicht bestätigt, allerdings seien bei den Ermittlungen seltsame Geldbewegungen aufgefallen. Es soll um Geschäfte in Kasachstan und anderen Ländern mit zweifelhaften Zahlungen in Millionenhöhe gehen.

So sollen Scheinrechnungen und Provisionen bezahlt worden sein, für die keine echten Leistungen erkennbar waren. Wegen der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen will ThyssenKrupp keine weiteren Angaben machen. Einer der sechs entlassenen Manager erklärte, er sei unschuldig und klage darum auf Wiedereinstellung.

Die Staatsanwaltschaft Essen bestätigte auch diese Ermittlungen. Es gehe um "Untreue, Bestechung, Bestechlichkeit". Das Verfahren richte sich insgesamt gegen 14 Beschuldigte. Bei dem Essener Konzern kommt es immer wieder zu Skandalen, zuletzt hatten Kartellwächter ein Schienenkartell aufgedeckt.

(RP/csi)
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