Nachfolger von Axel Weber Jens Weidmann soll Bundesbankpräsident werden

Düsseldorf (RP/RPO). Der Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Jens Weidmann, soll neuer Bundesbankpräsident werden. Dies hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschieden, wie unsere Redaktion aus Regierungs- und Koalitionskreisen erfuhr. Der 42-Jährige hat in sechs Jahren an Merkels Seite mehrfach geglänzt. Während der Finanzkrise war er der wichtigste Berater der Kanzlerin. Sein Abgang dürfte Merkel noch schmerzen.

Merkels Mann für die Bundesbank
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Der 42-jährige promovierte Volkswirt Weidmann genießt als Ökonom einen hervorragenden Ruf. Er war maßgeblich an den Konjunkturpaketen der Bundesregierung und den Bankenrettungsprogrammen beteiligt. Bevor er Anfang 2006 ins Kanzleramt wechselte, war er Abteilungsleiter für Geldpolitik und monetäre Analyse in der Bundesbank.

Der gebürtige Solinger studierte einst bei seinem Vorgänger, dem Ende April ausscheidenden Bundesbankpräsidenten Axel Weber. Weber hatte am vergangenen Freitag um seinen vorzeitigen Abschied gebeten, seine Amtszeit wäre eigentlich erst im April 2012 zu Ende gewesen. Weber sah sich im Rat der Europäischen Zentralbank zunehmend isoliert, nachdem er sich öffentlich gegen Anleihekäufe der EZB ausgesprochen hatte.

Merkels Entscheidung steht

Die Entscheidung ist zumindest auf Merkels Seite gefallen. Merkel wird Weidmanns Berufung voraussichtlich am Mittwoch nach der Kabinettssitzung bekannt geben. Bundesbank-Vizepräsidentin soll eine Frau werden, wie unsere Redaktion erfuhr. Dies wäre ein Novum.

In der FDP ist man sich allerdings noch nicht so sicher. "Es ist noch keine Entscheidung gefallen", hieß es am Dienstag aus Westerwelles Umfeld in Berlin. Aus der FDP-Spitze hieß es zunächst, Weidmann sei eine "respektable" Person. Dann aber regte sich Widerstand. "Es ist problematisch und unglücklich, wenn jemand direkt aus dem Kanzleramt an die Bundesbankspitze wechselt", sagte der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler unserer Redaktion. Die Wahl Weidmanns wäre kein gutes Signal für die Unabhängigkeit der Notenbank.

Mehrfach Kritik an seiner Personalie

Auch die SPD kritisierte die mögliche Berufung des Merkel-Beraters. "Wir brauchen eine unabhängige Persönlichkeit an der Spitze der Bundesbank. Insofern wäre Weidmann keine glückliche Wahl", sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider unserer Redaktion. "Weidmann müsste als Bundesbankpräsident politische Entscheidungen und Gesetze bewerten, auf die er selbst starken Einfluss hatte", warnte Schneider.

Geht Jens Weidmann zur Bundesbank, verliert die Kanzlerin einen weiteren wichtigen Berater in diesem Jahr. Weidmann hat sich mehrfach als immens wertvoller Mitarbeiter bewiesen. Finanzkrise, Währungskrise, Wirtschaftskrise — dass die Bundesrepublik nach den ökonomischen Einschlägen nun wieder so gut dasteht, ist auch das Verdienst des erst 42-jährigen promovierten Volkswirts. Merkel vertraut ihm blind, ist aus Berlin zu vernehmen. Auch, weil Weidmann (parteilos) keine eigenen politischen Ambitionen hegt.

Ein Fachmann für Detailfragen

Stattdessen ist er der Mann für die kniffligen Wirtschaftsdetails. Wenn Merkel Journalisten technische Feinheiten der Milliarden-Rettungsschirme erklären soll, muss schon mal Weidmann das Gespräch übernehmen. Das Siegel "Einflüsterer" haben die Medien dem unauffälligen Ökonom bereits mehrfach verliehen.

"Meine Aufgabe ist es allein, die Themen so aufzubereiten, dass sie eine Entscheidungsgrundlage hat", hat Weidmann einmal seine Zusammenarbeit mit Merkel beschrieben. Er lege das Für und Wider dar und mache deutlich, welche Argumente aus seiner Sicht schwerer wögen. Im Laufe der Jahre hat Weidmann dabei gelernt, pragmatisch vorzugehen — ganz nach dem Merkel-Prinzip, sich am politisch Machbaren zu orientieren.

Fleißig, kompetent, bestens vernetzt

Der Vater zweier Kinder kennt sich aus, er ist in den Tiefen der Materie zu Hause. Einmal sah sich die Kanzlerin sogar genötigt, ihre Richtlinienkompetenz zu unterstreichen. Es sei nicht so, als müsse "Herr Weidmann" ihr ständig etwas ins Ohr flüstern, sagte Merkel mit einem Lächeln.

Sicher nicht. Und doch gehört der Ex-Bundesbanker zu den wichtigsten Mitarbeitern der Kanzlerin. Ob Euro-Bonds, Zinsswaps oder Inflation — der Volkswirt mit dem jungenhaften Gesicht liefert die Vorarbeiten für die Regierungsarbeit. Weidmann gilt als fleißig, kompetent und bestens vernetzt. Selbst Oppositionspolitiker rühmen seine uneitle und unaufgeregte Art.

Weidmann ist ein Weber-Schüler

Darauf wird Merkel bald verzichten müssen. Dass es den parteilosen Beamten seit Längerem zurück nach Frankfurt drängt (seine Frau und die beiden Kinder leben im Rheingau) ist in Berlin ein offenes Geheimnis. Die Kompetenz für das Amt streitet ihm kaum einer ab. Schon im Studium in Bonn, wo er unter anderem bei Axel Weber lernte, lag Weidmanns Schwerpunkt in der Geld- und Währungspolitik.

Er arbeitete beim Internationalen Währungsfonds bevor er Leiter der Abteilung Geldpolitik bei der Bundesbank wurde. Mit seinem Studienfreund, Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen, war Weidmann zentraler Ratgeber der Bundesregierung in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese Erfahrungen und die engen Kontakte zur Finanzwirtschaft werden Merkel fehlen.

(RP/RTR/dapd/rpo)
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