Energiekonzern Jeder dritte RWE-Manager hat enttäuscht

Essen · Auf einem zweitägigen Workshop versuchte RWE-Chef Peter Terium, seine Mannschaft für "We are RWE" zu begeistern. Doch die Probleme wachsen: Der Dea-Verkauf stockt auch in Norwegen, die Führung ist zu hierarchisch.

Energiekonzern: Jeder dritte RWE-Manager hat enttäuscht
Foto: dpa, jst Ken

Die Stimmung bei RWE ist schlecht: Der Abbau Tausender Stellen ist sicher, das künftige Geschäftsmodell unklar, Mitarbeiter sind verunsichert. Deshalb ging RWE-Chef Peter Terium in die Offensive: Gestern und vorgestern hatte er Hunderte Führungskräfte in der Essener Grugahalle versammelt. Seine Kollegen waren parallel in Birmingham, Budapest, Prag und Denbosch aktiv. Ihre Botschaft: "Die Lage von RWE ist sehr ernst, deshalb müssen wir ernst machen", heißt es in der "Compelling Story", der packenden Geschichte, die der Vorstand zur Vorbereitung auf das Treffen hatte schreiben lassen.

Was Terium und seine Kollegen ihren Führungskräften mitzuteilen hatten, war aber alles andere als packend: "Unsere Existenzberechtigung als großes, integriertes Unternehmen läuft aus ", heißt es in dem Papier weiter. Doch das Zukunftskonzept blieb nebulös, wie aus Gewerkschaftskreisen zu hören war. "Wir müssen von einem zentralisierten Versorger zu einem modernen Energiemanager werden", lautete eine der Kernbotschaften des Vorstands. Garniert mit Plattitüden wie "Wir sind entschlossen, den Wind des Wandels zu nutzen." Aber wie? Schließlich kämpft RWE an vielen Fronten.

Die Energiewende Wegen der Energiewende und des Überangebots an Ökostrom sind die Großhandelspreise von einst 60 Euro je Megawattstunde auf unter 35 Euro gefallen. Ein Gaskraftwerk ist erst ab 50 Euro rentabel. Entsprechend brechen die Gewinne in der Kraftwerkssparte von RWE weg. Zugleich hat der Essener Konzern besonders großen Nachholbedarf beim Ökostrom, dabei sind angesichts von 31 Milliarden Euro Schulden die Investitionsspielräume gering.

Das Führungsproblem Peter Terium, der Steuerprüfer gelernt hat und als Controller zu RWE gekommen war, wo er 2012 zum Vorstandschef aufstieg, wird als Analytiker geschätzt. Die Rolle des Visionärs vermag er dagegen nur schwer auszufüllen, heißt es. Auch mit den Führungskräften gibt es Probleme. Auf der Tagung hieß es gestern: "Ungefähr 30 Prozent unserer Manager performen nicht ausreichend" Was meint: Leisten nicht das, was sie leisten sollen, oder sitzen an der falschen Stelle.

In den "Vorab-Informationen" für die Führungskräfte heißt es dazu: "Wir halten uns an Hierarchien fest. Wir verbleiben in unseren Abteilungs-Silos. Wir sind nicht bereit, Vereinbarungen einzuhalten. Wir investieren zu wenig Zeit in Innovation und Außenorientierung."

Schon bei einer Befragung ("Organisational Health Index" von 2012) hatten sich viele kritisch geäußert. "In der Befragung wurde unser bestehendes Führungsverhalten als ein Wettbewerbsnachteil erkannt", heißt es in dem Papier. Das ist schwierig für einen Konzern, der sich gerade neu erfinden muss.

Die Konzernstruktur Auf der Suche nach Sparpotenzialen wird auf Arbeitsgruppen-Ebene über die Straffung der unübersichtlichen Struktur nachgedacht. Diskutiert wurde hier die Zusammenlegung der Holdings von Deutschland AG (Essen) und deren Tochter Vertriebs AG (Dortmund). Auf den Tisch kommen könnte auch die Idee, die Ökostrom-Tochter RWE Innogy und die Kraftwerks-Tochter Generation zusammenzulegen. In der Vergangenheit war dies schon einmal debattiert, aber verworfen worden. Dabei würde es Sinn machen, alle Erzeugungseinheiten zusammenzulegen, zumal der Ökostrom einen immer größeren Anteil an der Stromerzeugung von RWE bekommen soll.

Stockender Dea-Verkauf Große Hoffnung hatte Terium auf den Verkauf der Gas- und Ölfördertochter Dea an den russischen Oligarchen Michail Fridman gesetzt. Fünf Milliarden will RWE erlösen. Doch nun zögert Großbritannien, die Zustimmung ("comfort letter") zu erteilen. Nicht nur das auch: Auch in Norwegen und Ägypten, wo die Dea ebenfalls aktiv ist, scheint die Zustimmung noch auszustehen. "Zu einzelnen Genehmigungsverfahren äußern wir uns nicht", erklärte dazu die RWE-Sprecherin.

Bleibt dem Vorstand der Appell an die Führungskräfte: "Wir müssen unsere Welt verändern. Sind Sie, bist du dabei?"

(RP)
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