Wissenschaftler Islamisches Bankwesen hemmt Wachstum

Bonn (RPO). Wirtschaftswissenschaftler haben die These bestritten, dass das islamische Bankwesen angesichts der Finanzkrise effizienter funktioniert als das westlich-kapitalistische. Das offizielle Zinsverbot in den meisten islamischen Staaten schränke die Kreditvergabe zu sehr ein.

Das sagte der Ökonom Makram El-Shagi von der Universität Mannheim bei einer Podiumsdiskussion am Montagabend in Bonn. "Durch das Zinsverbot wird das wirtschaftliche Wachstum erheblich gedrosselt." Die Vorschrift stamme aus der islamischen Frühzeit, um verarmte Kreditnehmer vor mächtigen Gläubigern zu schützen. Sie sei aber nicht sinnvoll, sobald heutige Unternehmer auf flüssiges Kapital für Investitionen angewiesen seien.

Auch der Wirtschaftsexperte Markus Loewe vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik bezeichnete das islamische Zinsverbot als unzureichende Alternative zum westlichen Kreditwesen. Zudem bestehe es nur in der Theorie, weil die Kreditgeber zum Beispiel durch Gewinnbeteiligung an den finanzierten Projekten lediglich andere Zinsformen praktizierten. Im Falle eines Scheiterns trügen beide Seiten den Schaden. Dieses Risiko wirkt sich aus Sicht Loewes hemmend auf Wachstum und Kapitalfluss aus.

Dagegen erklärte Irans Botschafter Ali Reza Sheikh Attar, keine islamisch wirtschaftende Bank habe in der derzeitigen Finanzkrise Bankrott anmelden müssen. Dies beweise die Effizienz des islamischen Finanzsystems. Die jüngsten Zahlungsprobleme Dubais rührten gerade daher, dass sich das Emirat an den Kapitalströmen der westlichen Welt beteiligt habe. Der Botschafter verteidigte einen "islamischen Weg" zwischen Kapitalismus und sozialistischen Wirtschaftsformen.

El-Shagi wandte ein, die Teilnahme am spekulativen westlich dominierten Finanzgeschäft biete zwar Risiken, aber auch große wirtschaftliche Gewinnchancen. Er erläuterte, Religionen könnten zwar durch ein Wertefundament wirtschaftliches Handeln fördern. Sie dürften aber nicht zur ökonomischen Grundvoraussetzug werden, weil sie immer von einem menschlichen Idealbild ausgingen. Die Wirklichkeit sehe aber anders aus.

Die Redner äußerten sich bei einer zweitägigen Konferenz der Hilfsorganisationen Welthungerhilfe und Islamic Relief. Sie steht unter dem Titel: "Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe im Kontext von Islam".

(KNA/csr)
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