Abstimmung über Bankencrash in Island Isländer wollen keine Entschädigung zahlen

Reykjavik (RPO). Die Isländer wollen offenbar weiterhin mehrheitlich nicht die Zeche für die Pleite der heimischen Icesave-Bank zahlen. In einer zweiten Volksabstimmung über eine milliardenschwere Entschädigungszahlung an Großbritannien und die Niederlande zeichnete sich am frühen Sonntagmorgen ein Sieg der Gegner ab. Dieser wäre zugleich eine herbe Niederlage für die Regierung, die das Schuldenabkommen für einen wichtigen Schritt des Landes aus der Krise hält.

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Nach Auszählung von 36.000 Stimmen lagen nach Angaben des staatlichen Fernsehens die Gegner mit 56,8 Prozent in Front. "Das sind enttäuschende Zahlen", sagte Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir. "Es sieht so aus, als ob es die Nein-Seite schaffen wird." Stimmberechtigt waren 230.000 Isländer. Zahlen zur Wahlbeteiligung lagen zunächst nicht vor. In zwei Umfragen hatten sich 57 beziehungsweise 55 Prozent der Wahlberechtigten gegen das überarbeitete Icesave-Gesetz ausgesprochen.

Icesave war eine der isländischen Banken, die 2008 im Zuge der Finanzkrise zusammenbrachen. Während die Regierung in Reykjavik die isländischen Sparer für ihre Verluste entschädigte, gingen die ausländischen Bankkunden leer aus. Zu den Sparern zählten rund 400.000 Briten und Niederländer, die schließlich von ihren Heimatländern Entschädigungszahlungen erhielten. Großbritannien und die Niederlande fordern daher nun 3,5 Milliarden Euro von Island.

Im Februar hatte das isländische Parlament den mit den Gläubigern ausgehandelten Rückzahlungsplan gebilligt. Doch Islands Präsident hatte sich geweigert, den Gesetzentwurf zu unterzeichnen und ein zweites Referendum angestoßen. Vor rund einem Jahr hatten die Isländer die Rückzahlung der ausländischen Sparguthaben schon einmal abgelehnt. Sie machten ihrem Ärger darüber Luft, dass Steuerzahlern die Milliardenkosten für Fehler von Privatbanken auferlegt werden.

Das Abkommen mit Großbritannien und den Niederlanden gilt als eine Voraussetzung für den Erfolg der isländischen Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union. Außerdem sehen Volkswirte und Regierungsvertreter das Icesave-Gesetz als wichtigen Schritt auf dem Weg zur wirtschaftlichen Genesung des von der Finanzkrise hart getroffenen Landes.

Gläubiger zeigen sich enttäuscht

Die Niederlande und Großbritannien haben sich "sehr enttäuscht" über die Ablehnung eines Abkommens zur Zurückzahlung der Schulden der isländischen Icesave-Bank geäußert. Die Regierungen beider Länder drohten am Sonntag, ihre Forderung nach Zurückzahlung von 3,9 Milliarden Euro nun vor der Justiz durchzusetzen. Der niederländische Finanzminister Kees Jan De Jager erklärte, mit der Ablehnung der Übereinkunft per Volksentscheid sei die Zeit der Verhandlungen nun vorbei. Da Island weiter zur Rückzahlung des Geldes verpflichtet sei, liege die Sache nun "in den Händen der Justiz".

Auch der britische Vize-Finanzminister Danny Alexander nannte es am Sonntag im Rundfunksender BBC "sehr enttäuschend", dass die Isländer die ausgehandelte Lösung abgelehnt hätten. London werde nun mit den Niederlanden und anderen internationalen Partnern über das weitere Vorgehen diskutieren, aber wahrscheinlich werde der Fall vor Gericht landen, sagte Alexander. Es gebe bereits eine rechtliche Prozedur im Rahmen des europäischen Wirtschaftsraums, der sich London anschließen könnte.

(RTR/felt)
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