Die Schuldenkrise kehrt zurück Irland will Antrag auf Finanzhilfen nicht ausschließen

Dublin/Berlin (RPO). Das hochverschuldete Irland schließt nicht aus, die EU um Finanzhilfen zu bitten. "Die Dinge entwickeln sich von Tag zu Tag", sagte Justizminister Dermot Ahern am Sonntagabend dem nationalen Fernsehsender RTE. Das Land könnte Finanzkreisen zufolge Hilfen bis zu 90 Milliarden Euro benötigen.

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Foto: ddp

In Kreisen der Europäischen Union heißt es seit zwei Tagen, es würden bereits Gespräche über eine mögliche Rettung geführt. Dies dementierte Ahern allerdings und nannte entsprechende Berichte eine "Erfindung". "Es laufen keine Gespräche. Wenn es sie gäbe, würde die Regierung davon wissen." Auch die Frage des Moderators

Das einst wegen seines rasanten Wirtschaftswachstums als "keltischer Tiger" bezeichnete Land könnte Kreisen zufolge in seiner Finanznot EU-Hilfen von 45 bis 90 Milliarden Euro beantragen. In Kreisen der Euro-Zone hatte es am Wochenende geheißen, die EU dränge Irland zur Annahme von Nothilfen. Die irische Regierung und auch die deutsche Bundesregierung hatten dies am Sonntag zurückgewiesen.

Der irische Handelsminister Batt O'Keeffe sagte dem Sender RTE, Irland verhandle nicht mit der EU über ein Hilfspaket. "Diese Regierung steht nicht unter Druck", fügte er hinzu. In EU-Kreisen hieß es, die Regierung in Dublin zeige zwar kein großes Interesse, könnte aber unter dem Druck der Märkte letztlich keine andere Wahl haben. Die Lage Irlands wird auch Thema beim turnusmäßigen Finanzministertreffen der Euro-Zone am Dienstag sein.

Bankensektor im Mittelpunkt

Den Kreisen zufolge ist die irische Regierung zwar bis Mitte 2011 ausreichend mit Kapital versorgt. Entscheidend sei aber die Entwicklung des Bankensektors, der in der Finanzkrise hohe Verluste hinnehmen musste. Davon hänge dann auch der Umfang der Hilfssumme ab. Die Geldhäuser könnten das Land in eine Zwangslage bringen, sollten sie weitere Unterstützung benötigen. "Ich glaube nicht, dass es einen Run auf die Banken gibt", sagte ein Kenner der Materie. Aber es hänge davon ab, wie sich die Lage in der kommenden Woche entwickelt. Für zusätzliche Nervosität sorgt, dass Irland am 7. Dezember seine vierjährige Finanzvorschau vorlegen muss.

Die Bundesregierung wies unterdessen einen Agenturbericht zurück, sie dränge Irland dazu, noch vor dem nächsten Treffen der Euro-Finanzminister Hilfe aus dem aktuellen Rettungsschirm zu beantragen, um die Finanzmärkte zu beruhigen. "Das stimmt nicht. Ich weise den Bericht zurück, dass Deutschland Irland drängt, Hilfe zu beantragen", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kreienbaum, zu Reuters. "Deutschland spielt auch keine Sonderrolle in dieser Frage", sagte ein Regierungssprecher.

EU: Wir sind bereit

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte im finnischen Rundfunk: "Wir sind bereit und behalten die Lage in enger Zusammenarbeit mit den irischen Behörden im Auge." Spekulationen über einen Antrag hatten an den Finanzmärkten Unruhe ausgelöst.

Auch der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Strauss-Kahn versuchte am Samstag, die Wogen zu glätten. "Ich denke, Irland kann ganz gut alleine zurechtkommen", sagte er. Bislang sei kein Hilfsersuchen beim IWF eingegangen. Der Fonds stünde zwar bereit, sollte das hoch verschuldete Land Hilfe benötigen. Derzeit laufe aber alles ganz normal. Die Situation in Irland sei anders als die im ebenfall schuldengeplagten Griechenland, das sich im April unter einen Schutzschirm von EU und IWF geflüchtet hatte.

Unterdessen hat die griechische Regierung eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist für seine Milliardenkredite ins Gespräch gebracht. Diese Frage stehe bereits im Raum, sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou der Zeitung "Proto Thema". Zuvor hatte die EZB davor gewarnt, die Bedingungen für die Hilfskredite der EU und des IWF neu verhandeln zu wollen. In dem ebenfalls hoch verschuldeten Portugal erhöhte die sozialistische Minderheitsregierung unterdessen den Druck auf die Opposition. Portugal drohe ein Ausschluss aus dem Euro, sollte kein Konsens für den Sanierungskurs gefunden werden, warnte Außenminister Luis Amado in der Wochenzeitung "Expresso".

(RTR/pst)
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