Hohe Materialkosten und Zinsen Vonovia will weniger investieren

Bochum · Der Immobilienriese Vonovia sieht sich auf stabilem Kurs. Wegen der gestiegenen Baukosten und Zinsen will das Unternehmen im kommenden Jahr aber deutlich weniger investieren als bisher.

 Hohe Materialkosten und Zinsen machen dem Wohnungskonzern Vonovia zu schaffen (Archivfoto).

Hohe Materialkosten und Zinsen machen dem Wohnungskonzern Vonovia zu schaffen (Archivfoto).

Foto: dpa/Marcel Kusch

Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia will im kommenden Jahr angesichts hoher Zinsen und Baukosten deutlich weniger in Modernisierung und Neubau investieren als bisher. 2023 sollen es nur noch 850 Millionen Euro sein, wie das Dax-Unternehmen am Freitag in Bochum mitteilte. Bereits im laufenden Jahr will der Konzern hier weniger Geld in die Hand nehmen als zuletzt in Aussicht gestellt. Für 2022 plant Vonovia nun Investitionen bis zu 1,4 Milliarden Euro, wobei etwas mehr Geld in den Neubau fließen soll. Inklusive der Instandsetzung will Vonovia 2022 rund zwei Milliarden Euro ausgeben. Die Aktie legte am Vormittag um mehr als vier Prozent zu.

„Es macht keinen Sinn, bei der derzeitigen Unsicherheit der Zinsen, bei der Unsicherheit der Baukosten, bei der Unsicherheit der Förderprogramme und unserer eigenen Kapitalkosten ein großes Investitionsprogramm zu machen“, sagte Unternehmenschef Rolf Buch der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX. Nebeneffekt sei, dass Vonovia höhere Barmittel habe und so mehr Schulden tilgen könne. Die Prognose für das Investitionsprogramm 2023 markiere dabei aber keine Trendwende, wenngleich die Investitionen viel niedriger ausfallen sollen als 2022. „An unserem langfristigen Klimapfad halten wir unverändert und ausdrücklich fest“, betonte Buch.

„Die Auswirkungen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine, steigende Zinsen, hohe Baukosten und der Fachkräftemangel stellen die Wohnungsbranche vor immense Herausforderungen“, sagte Buch. Es gebe einen sich zuspitzenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen, insbesondere in den großen Ballungsräumen.

Vonovia sei es auch in diesem Jahr gelungen, neue bezahlbare Wohnungen zu bauen und den Bestand weiter energetisch zu sanieren. Es bedürfe aber einer gemeinsamen Kraftanstrengung, um auch in Zukunft in diesem Maß in Deutschland investieren zu können. Andernfalls drohe die Wohnungsfrage zum sozialen Zündstoff der nächsten Dekade zu werden. Diese Herausforderungen könne die Immobilienwirtschaft nicht allein lösen.

Zum Ziel der Ampel-Koalition, dass bundesweit jährlich 400 000 neue und bezahlbare Wohnungen gebaut werden sollen, äußerte sich der Vorstandschef skeptisch. Dafür müssten pro Jahr rund 150 Milliarden Euro investiert werden. „Dieser Wert ist im Moment in keiner Weise mehr finanzierbar, weil die Zinsen um den Faktor vier sich erhöht haben“, sagte Buch. Um die Investitionssumme zu stemmen, brauche es entweder eine deutlich ausgeweitete Fördersumme oder aber nochmal eine „sehr intensive Diskussion über die Art und Weise, wie wir bauen, insbesondere auch über das zusätzliche Anziehen von Standards“. Baukosten, Finanzierungskosten und höhere Standards führten nicht zu Mieten, die „die Menschen sich vorstellen können“.

Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiekosten will Vonovia an der Praxis eines befristeten Kündigungsmoratoriums festhalten. „Wir kündigen niemandem, weil er seine Nebenkosten nicht bezahlen kann, wenn er sich mit uns in Verbindung setzt“, sagte Buch. „Wir finden dann Wege, wie wir das Thema lösen.“

In den ersten neun Monaten 2022 legte der operative Gewinn (FFO) vor allem dank der Übernahme von Deutsche Wohnen im Jahresvergleich um 35 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro zu. Der Umsatz kletterte in den ersten neun Monaten um gut 31 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Die Miete stieg per Ende September konzernweit im Schnitt auf 7,47 Euro pro Quadratmeter - das waren 1,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zum Zuwachs trugen vor allem modernisierte Wohnungen bei. In Deutschland lag die Vonovia-Durchschnittsmiete bei 7,36 Euro pro Quadratmeter.

Für 2022 peilt Vonovia weiterhin einen Zuwachs des operativen Ergebnisses auf 2,0 bis 2,1 Milliarden Euro nach 1,67 Milliarden Euro im Vorjahr an. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll von knapp 2,3 auf bis zu 2,85 Milliarden Euro steigen. Für das kommende Jahr äußerte sich Buch zuversichtlich. Das Ebitda sowie der operative Gewinn (FFO) sollen in etwa stabil bleiben. „Dies auch unter der Tatsache, dass wir von einem deutlich niedrigeren Bestand ausgehen“, sagte er. Vonovia will in den kommenden Jahren rund 66 000 Wohnungen verkaufen.

Vonovia ist Europas größtes privates Wohnungsunternehmen. Der Konzern besitzt knapp 550 000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich. Hinzu kommen rund 72 400 verwaltete Wohnungen. Der Portfoliowert liegt bei etwa 99 Milliarden Euro.

(zeit/dpa)
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