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Interview mit VDA-Präsident Matthias Wissmann „Hermann denkt in Stereotypen“

Berlin (RPO). Der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobil-Industrie (VDA), Matthias Wissmann, übt eine erste verhaltene Kritik an der neuen grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg. Der deutsche Automobil-Standort sei ohne die Premium-Klasse nicht denkbar, sagte Wissmann unserer Redaktion. Der neue Verkehrsminister Winfried Hermann und der neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) hatten die Industrie aufgefordert, weniger große und klimaschädliche Autos zu bauen.

 Im Interview übt VDA-Präsident Matthias Wissmann einer erste verhaltene Kritik an der neuen rot-grünen Regierung Baden-Württembergs.

Im Interview übt VDA-Präsident Matthias Wissmann einer erste verhaltene Kritik an der neuen rot-grünen Regierung Baden-Württembergs.

Foto: ddp, ddp

Freut sich die deutsche Autoindustrie auf einen grünen Ministerpräsidenten im Autoland Nummer eins?

Wissmann: Wir gratulieren dem Ministerpräsidenten und sind gerne zur Zusammenarbeit bereit. Die neue Landesregierung muss allerdings auch ein strategisches Interesse daran haben, dass die Rahmenbedingungen für eine der größten Automobilregionen Europas mit Hunderttausenden von Arbeitsplätzen weiterhin stimmen.

Die deutschen Autobauer sollen aber weg von der klimaschädlichen Premiumklasse, fordert der neue Verkehrsminister Hermann?

Wissmann: Herr Hermann ist ein intelligenter Mann, aber gelegentlich denkt er offensichtlich noch in alten Stereotypen. Baden-Württemberg ist Premium-Land, dafür stehen die Marken Audi, Porsche und Mercedes-Benz. Hier laufen jährlich über eine Million hochwertiger Pkw vom Band. Auch der neue Verkehrsminister sollte erkennen, dass die deutsche Premiumflotte die effizienteste der Welt ist. Wir haben 80 Prozent des weltweiten Premiummarktes in den vergangenen Jahren gewonnen, weil unsere Unternehmen Automobile von höchster Qualität bauen, die gleichzeitig ökologisch hocheffizient sind. Übrigens haben die deutschen Modelle in allen Fahrzeugsegmenten im Durchschnitt niedrigere CO2-Werte als ihre Wettbewerber.

Also ist die deutsche Autoindustrie ohne Luxusautos nicht vorstellbar?

Wissmann: Wir sprechen von der Ober- und Mittelklasse. Etwa jeder zweite Arbeitsplatz in der deutschen Automobilindustrie lebt vom Premium, für Baden-Württemberg gilt das in noch weit höherem Maße. Der deutsche Automobilstandort ist ohne Premium-Autos nicht denkbar. Und gerade diese werden immer effizienter und verbrauchsärmer. Die deutsche Autoindustrie produziert nicht nur die besten, sondern auch die ökologischsten Autos der Welt.

Am Montag übergibt die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ihren Bericht an Kanzlerin Merkel. Muss der Staat die E-Autos fördern?

Wissmann: Zunächst leistet die Automobilindustrie den Löwenanteil an Forschung und Entwicklung: Allein in den nächsten drei bis vier Jahren investieren wir zwischen zehn und 12 Milliarden Euro in die Entwicklung der alternativen Antriebe. Auch die Politik ist gefordert, etwa bei der Forschungsförderung, der Wissenschaft, bei Pilotanlagen für die Batterieproduktion.

Und mit direkten Kaufanreizen?

Wissmann: Die Vorschläge, für einen bestimmten Zeitraum auf die Kfz-Steuer zu verzichten, finden wir klug. Man sollte auch darüber nachdenken, Dienstwagen mit Elektroantrieb gezielt steuerlich zu fördern. Die Entscheidung liegt bei der Politik.

Fürchtet die energieintensive Automobilbranche die Energiewende?

Wissmann: Wir verfolgen hier keine ideologischen Positionen. Für uns ist entscheidend, wie die bereits heute sehr hohen Energiekosten in den nächsten 20 Jahren im Griff gehalten werden können. Wenn diese Kosten aus dem Ruder laufen, büßt die energieintensive deutsche Industrie — Stahl, Maschinenbau, Automobil — an Wettbewerbsfähigkeit ein. Wir werden, neben den wichtigen erneuerbaren Energien, auch weiter auf effiziente Gas- und Kohlekraftwerke angewiesen sein.

Wird die Energiewende die Einführung der Elektroautos beschleunigen?

Wissmann: Elektroautos können ihrerseits bei der Speicherung der Energie eine große Rolle spielen. Wenn im Jahr 2030 etwa drei bis fünf Millionen Elektrofahrzeuge auf dem Markt sind, können diese als Speicher für die erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarstrom eine beträchtliche Rolle spielen. Und sicher treffen sie nicht auf so viele Widerstände wie zum Beispiel manches Pumpspeicherkraftwerk.

Die Fragen stellte Michael Bröcker.

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