Nach „Ebit macht frei“-Spruch Herbert Diess ist als VW-Chef untragbar

Meinung · Herbert Diess hat sich für seinen Satz „Ebit macht frei“ entschuldigt. Doch das macht seine Worte nicht ungesagt und lässt erneut daran zweifeln, dass er ein geeigneter Konzern-Chef ist. Wie kann ein Topmanager so wenig historisches Bewusstsein haben?

 Herbert Diess bei der Jahrespressekonferenz in Wolfsburg.

Herbert Diess bei der Jahrespressekonferenz in Wolfsburg.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Eines vorweg: Volkswagen-Chef Herbert Diess hat sich entschuldigt für seinen Satz „Ebit macht frei“ und seine Wortwahl bedauert. Das muss man akzeptieren. Gesagt hat er den Satz bei einer internen Veranstaltung, offenbar um seinen Managern klar zu machen, dass Bereiche, die hohe Gewinne machen, auch mehr Freiheiten bei Investitionen haben. Ebit, die englische Abkürzung für Vor-Steuer-Gewinn, ist eine typische Steuergröße für Manager. Doch ungesagt wird der Satz dadurch nicht.

Dass ausgerechnet dem Chef des Wolfsburger Konzerns, dessen Anfänge als Käferwerk ohnehin eng mit den Nationalsozialisten verbunden sind, diese Worte bei Motivationsreden in den Sinn kommen, ist bedenklich. Gerade bei dem Konzern, der viel auf seine geschichtliche Aufarbeitungsarbeit hält, hätte man mehr Sensibilität erwartet. Nebenbei fragt man sich, was Herbert Diess eigentlich aus seinem Geschichtsunterricht mitgenommen hat. Hat er das Bild vom Toreingang zum Konzentrationslager Auschwitz nie gesehen, an den die Nazis die höhnischen Worte zur Verlachung ihrer Opfer angebracht hatten? Und: Was erwarten wir von Schülern, wenn selbst Topmanager, die auf dem Weg nach oben durch viele Reifeprüfungen und Assessment Center gegangen sind, so wenig historisches Bewusstsein haben?

Nebenbei ist es nicht das erste Mal, dass Diess Zweifel an seiner Eignung als Konzernlenker weckt. In der Diesel-Affäre macht er keine gute Figur. Dass ausgerechnet der frühere Markenchef bei VW den Aufräumer geben will, erscheint nicht sehr glaubwürdig. Die anhaltende Arroganz des Konzerns gegenüber geprellten deutschen Diesel-Kunden macht es nicht besser. Zugleich besitzt Diess die Chuzpe, die Politik - trotz des von der Branche angezettelten Dieselskandals - wegen einer fehlenden „positiven Auto-Agenda“ zu kritisieren. Daneben hat Diess auch noch Zeit, sich in die Geschäfte anderer Konzerne wie RWE einzumischen: Im Hambacher Forst solidarisierte er sich mit den (teilweise gewaltbereiten) Aktivisten.

Eigentlich müsste der VW-Aufsichtsrat sich endlich fragen, ob Diess der passende Mann an der Spitze des Weltkonzerns ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort