Urteil des Bundessozialgerichts Hartz-IV-Empfänger haben freie Wohnungswahl

Kassel (RPO). Auch Hartz-IV-Empfängern muss ein Umzug in eine andere, teurere Stadt ermöglicht werden. Das Jobcenter ist bei einem Wohnortwechsel verpflichtet, die höheren Unterkunftskosten voll zu übernehmen, wie das Bundessozialgericht am Dienstag in Kassel urteilte.

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Foto: ddp, ddp

Voraussetzung sei, dass sie noch angemessen seien. Nur innerhalb einer Kommune würden die gesetzlichen Regelungen den Umzug von einer billigen in eine teurere Wohnung verbieten. In diesem Fall bekommt der Arbeitslose nur seine ursprüngliche, kostengünstige Miete erstattet.

Damit gaben die Richter einem 57-jährigen Musiker recht, der erst von Berlin in ein fränkisches Dorf bei Erlangen zog. Dort zahlte der Mann 193 Euro Warmmiete. Als er zwei Jahre später im Jahr 2008 wieder zurück nach Berlin zog, lebte er in einer 300 Euro teuren, aber noch angemessenen Wohnung. Konkrete Gründe für den Umzug, beispielsweise ein vorliegendes Jobangebot, gab es nicht.

Jobcenter wollte Kosten nicht übernehmen

Das Jobcenter Steglitz-Zehlendorf wollte die vollen Unterkunftskosten nicht übernehmen. Der Hartz-IV-Empfänger habe ohne Grund mit seinem Umzug höhere Unterkunftskosten verursacht. Er hätte sich zudem eine Unterkunft suchen können, die genauso billig wie in Bayern sei. Der Kläger wandte ein, dass die Berliner Unterkunft nach den Hartz-IV-Regelungen als angemessen gilt.

Müssten Arbeitslose bei einem Umzug in eine andere Stadt immer für die höheren Unterkunftskosten selbst aufkommen, würde das bedeuten, dass man immer am günstigen Wohnort bleiben müsse. Dies widerspreche den in der Verfassung geschützten Grundsatz der Freizügigkeit. Dies sah auch der 4. Senat so.

Leistungen für Aufstocker werden angerechnet

Ein weiteres Urteil des Bundessozialgerichts stärkte dagegen die Position der Arbeitsgemeinschaft: Arbeitnehmer, die wegen ihres geringen Einkommens zusätzlich Hartz-IV-Leistungen erhielten, könnten nicht von Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschlägen des Arbeitgebers profitieren. Die Zuschläge seien voll auf das Arbeitslosengeld II als Einkommen anzurechnen. Es handele sich bei den Zuschlägen um keine sogenannten zweckbestimmten Einnahmen, die bei den Hartz-IV-Leistungen nicht berücksichtigt dürfen.

In einem der verhandelten drei Fälle hatte ein Wachmann aus Dresden von seinem Chef regelmäßig Zuschläge für Nacht-, Schicht- sowie Sonn- und Feiertagsarbeit erhalten. Wegen seines geringen Einkommens erhielt der Mann zusätzlich Arbeitslosengeld II. Die Zuschläge wertete die Arbeitsgemeinschaft Dresden als Einkommen und minderte das Arbeitslosengeld II.

Der Aufstocker meinte, dass die Zuschläge eine zweckbestimmte Einnahme darstelle, die nicht zu einer Arbeitslosengeld-II-Kürzung führen dürfe. So seien die Zuschläge für die Nacht- und Schichtarbeit ein Ausgleich für gesundheitliche Beeinträchtigungen. Das Gericht entschied jedoch zugunsten der Arbeitsgemeinschaft.

(Aktenzeichen: Bundessozialgericht B 4 AS 60/09 R und B 4 AS 89/09 R u. a.)

(apd/csi)
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