Hans Van Bylen im Interview „Henkel plant kein Programm zum Stellenabbau“

Henkel-Chef Hans Van Bylen sagt im Interview, wie er den Umsatzrückgang mit einer Investitionsoffensive stoppen will und was das für Arbeitnehmer bedeutet. Die Talfahrt der Henkel-Aktie sieht er gelassen. Und betont: „Ich habe bei Henkel noch viel vor.“

 „Nein, Henkel plant kein Programm zum Stellenabbau“: Hans Van Bylen.

„Nein, Henkel plant kein Programm zum Stellenabbau“: Hans Van Bylen.

Foto: Krebs, Andreas (kan)

Der Konsumgüter-Konzern Henkel kommt in raue See. Am Montagmorgen überraschten die Düsseldorfer mit der Nachricht, dass der Umsatz im Jahr 2018 zurückgegangen ist, vor allem bei der Beauty-Sparte (Schwarzkopf, Syoss) lief es nicht rund. Für den von Erfolg verwöhnten Konzern ist das ungewohnt, er will nun mit hohen Zusatzinvestitionen gegensteuern. Daher wird die Umsatzrendite in diesem Jahr erstmals seit langem sinken – auf einen Wert zwischen 16 und 17 Prozent. 2018 hatte die Marge noch bei 17,6 Prozent gelegen. Die Anleger reagierten entsetzt: Die Aktie fiel zeitweise um über acht Prozent auf ein Drei-Jahres-Tief. Wir sprachen mit Hans Van Bylen, der Henkel seit Mai 2016 führt, über die Lage.

Der Umsatz von Henkel ist 2018 überraschend gefallen: von 20 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 19,9 Milliarden im Jahr 2018. Was ist los bei Henkel?

Van Bylen Währungseffekte in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro haben den Umsatz stark belastet. Bei stabilen Währungen hätte der Umsatz bei 21 Milliarden gelegen. Organisch, das heißt aus eigener Kraft, haben wir den Umsatz um 2,4 Prozent gesteigert. Auch unsere Zukäufe haben uns weiteres Wachstum beschert.

Ist Henkel in der Krise?

Van Bylen Keineswegs, Henkel ist kerngesund. Wir haben eine sehr starke Bilanz und sind praktisch schuldenfrei. 2018 war ein sehr erfolgreiches Jahr für uns mit vielen Rekorden. Wir haben mit 3,5 Milliarden Euro ein Rekordergebnis erzielt und auch unsere Dividende wird auf einem neuen Höchststand liegen.

Doch zum ersten Mal seit 2009 wächst die Gewinnmarge nicht mehr. Für 2019 erwarten Sie nur noch eine Marge zwischen 16 und 17 Prozent nach 17,6 Prozent im vergangenen Jahr. Ist die Zeit der Renditejagd bei Henkel vorbei?

Van Bylen Die Gewinnmarge soll 2019 zunächst leicht zurückgehen. Das liegt daran, dass wir die Investitionen um 300 Millionen Euro pro Jahr erhöhen werden. Diese Mittel sollen zu zwei Drittel in den Ausbau von Marken und Innovationen gehen und zu einem Drittel in die Digitalisierung. Aber Henkel bleibt auch in Zukunft ein hochprofitables Unternehmen.

Normalerweise freut es Anleger, wenn Investitionen und Ausschüttung steigen. Die Henkel-Aktie gab am Morgen jedoch um über sechs Prozent. Wie erklären Sie sich das?

Van Bylen Wir haben über viele Zahlen berichtet. Vorläufige Ergebnisse für 2018, einen neuen Ausblick für 2019 und unsere Ambitionen über 2020 hinaus. Das muss erstmal vom Markt analysiert und verarbeitet werden. Wichtig ist: Wir haben unseren Anspruch profitables Wachstum zu erzielen bekräftigt. Das werden Anleger mit einer langfristigen Perspektive begrüßen.

Sie kündigen an, dass Sie die hohe Kostendisziplin beibehalten und die Effizienz weiter erhöhen wollen. Was heißt das für die Arbeitnehmer? Ist ein Stellenabbau geplant?

Van Bylen Nein, Henkel plant kein Programm zum Stellenabbau. Wir sind mit den strategischen Prioritäten „Henkel 2020 +“ gut unterwegs. Hierbei setzen wir auf Wachstum, Digitalisierung und Agilität. Dazu werden uns außerdem unsere Effizienzmaßnahmen, wie angekündigt ab 2020 rund 500 Millionen Euro im Jahr bringen. Die Hälfte der Projekte haben wir schon umgesetzt. Wir werden uns weltweit immer wieder an Marktveränderungen anpassen. Das kann in Einzelfällen mit Stellenabbau verbunden sein, steht aber nicht im Zusammenhang mit unseren erhöhten Investitionen.

Das Geschäft mit Kosmetika läuft nicht rund, hier sank sogar der organische Umsatz. Wie genau wollen Sie mit Ihrer Marken-Offensive dagegen steuern?

Van Bylen Der Wettbewerb gerade im Konsumenten-Geschäft ist intensiv.  Wir planen nun eine umfassende Überarbeitung unseres gesamten Haarpflege-Portfolios, um das Wachstum zu stärken. Für unsere Marken Schauma, Syoss und Gliss soll es neue Rezepturen und innovative Produktdesigns geben. Zudem wollen wir unser professionelles Friseurgeschäft stärken, das schon jetzt sehr erfolgreich ist.

Wird es auch neue Marken geben?

Van Bylen In Einzelfällen ist das denkbar, so wollen wir im Bereich Körperpflege eine neue Marke im Natursegment einführen. Vor allem aber wollen wir bestehende Marken stärken. So wollen wir für unsere führende Waschmittel-Marke Persil eine Variante mit ganz neuer Technologie auf den Markt bringen. Wir werden als erstes Unternehmen ein Vierkammer-System einführen. Das bedeutet für den Verbraucher ein noch besseres Waschergebnis und eine einfachere Handhabung.

Bekommt auch der Standort Düsseldorf etwas von der Investitions-Offensive ab?

Van Bylen Der Standort Düsseldorf profitiert regelmäßig von unseren Infrastruktur-Investitionen. So haben wir erst jüngst 130 Millionen Euro in ein neues Forschungszentrum für Klebstoffe investiert sowie 36 Millionen in das voll automatisierte Hochregallager. Die jetzt angekündigten Investitionen fließen in die Marken und die Digitalisierung weltweit, um Henkel noch besser für die Zukunft zu rüsten. Davon profitiert am Ende auch der Standort Düsseldorf. 

Vor einem Jahr machte Henkel mit Logistikproblemen in den USA Schlagzeilen. Haben Sie diese inzwischen gelöst?

Van Bylen Technisch sind die Logistikprobleme in den USA seit dem zweiten Quartal gelöst. Dennoch haben wir die Auswirkungen im Gesamtjahr 2018 gespürt. Das ist jetzt vorüber und wir sehen die USA als einen attraktiven Wachstumsmarkt. Daher wollen wir gerade hier gezielt investieren.

Henkel investiert mehr und erhöht die Ausschüttung. Wird das zulasten künftiger Zukäufe gehen?

Van Bylen Ab 2019 werden wir 30 bis 40 Prozent des Gewinns als Dividende ausschütten, bislang waren es 25 bis 35 Prozent. Doch das wird ebenso wie die Erhöhung der Investitionen nicht zu Lasten der Zukäufe gehen, schließlich wachsen wir weiter und Akquisitionen gehören auch künftig fest zu unserer Strategie. Es bleibt dabei: Wir prüfen, was strategisch zu uns passt, was verfügbar ist und wo der Preis stimmt.

Den Chef der Haarpflegsparte haben Sie bereits vor einem Jahr ersetzt. Wird es weitere personelle Konsequenzen im Vorstand geben?

Van Bylen Wir sind sehr gut aufgestellt. In einer guten Teamleistung haben wir für 2018 ein Rekordergebnis abgeliefert.

Sorgen Sie sich um Ihren Job? Bislang waren Henkel-Aktionäre  von ihren Vorstandschefs ja stete Steigerungen der Gewinnmarge gewohnt.

Van Bylen Henkel ist ein erfolgreicher Konzern mit einer gesunden Bilanz. Wir sind schuldenfrei und wachsen mit hoher Profitabilität. Das findet man nicht oft. Ich habe bei Henkel noch viel vor.

(Antje Höning führte das Gespräch.)
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