"Perfekte Kenntnisse der Betrugsmechanismen" Haftbefehl gegen Parmalat-Gründer Tanzi beantragt

Mailand/Rom (rpo). Wegen des Verdachts des betrügerischen Bankrotts, Bilanzfälschung und Kursmanipulation hat die italienische Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den früheren Chef des Nahrungsmittelkonzerns Parmalat, Calisto Tanzi, beantragt.

Die italienische Staatsanwaltschaft hält Parmalat-Gründer Calisto Tanzi persönlich für den Drahtzieher des Finanzskandals um den italienischen Lebensmittelkonzern. Tanzi habe „perfekte Kenntnisse der Betrugsmechanismen“ in dem Unternehmen gehabt, zitierte die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Montag aus dem Haftbefehl. Er sei „Anstifter“ des Betrugs und habe dessen „Durchführung unterstützt“. „Angesichts des enormen Ausmaßes des Finanzdebakels, das verschleiert werden musste, und in Hinblick auf die Tatsache, dass Tanzi selbst der Nutznießer der Veruntreuungen war, könnte es überhaupt nicht anders gewesen sein“, hieß es in dem vom Mailänder Richter Guido Piffer ausgestellten Dokument.

Der am Samstag festgenommene Tanzi soll italienischen Presseberichten zufolge rund 800 Millionen Euro veruntreut haben. Er habe diese Summe binnen elf Jahren auf Privatkonten abgezweigt, berichteten die Tageszeitungen „La Repubblica“ und „Corriere della Sera“ am Montag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Bisher hatten italienische Medien das Ausmaß der mutmaßlichen Veruntreuung mit 500 bis 700 Millionen Euro beziffert. In der Haftanstalt San Vittore in Mailand wurde Tanzi am Sonntag und Montag von Ermittlern aus Mailand und dem Firmensitz Parma vernommen. Parmalat war am Samstag für insolvent erklärt worden.

Der genaue Umfang der Verschuldung des Lebensmittelkonzerns blieb weiter unklar. Der Schuldenberg betrage „deutlich mehr“ als die für Ende 2002 geschätzten 8,221 Milliarden Euro, erklärte der neue Parmalat-Chef Enrico Bondi einer Ansa-Meldung zufolge. Genaue Angaben für 2003 seien in dem am Samtag eingereichten Insolvenzantrag aber nicht enthalten. Tanzi wird unter anderem betrügerischer Bankrott und Bilanzfälschung vorgeworfen. Der frühere Firmenchef hatte am 15. Dezember alle Ämter abgegeben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort