Interview mit Schauinsland-Chef Gerald Kassner "Gute Hotels erkennt man am Empfang"

Duisburg · Schauinsland will wachsen und erweitert die Firmenzentrale in Duisburg um ein 10.000-Quadratmeter-Gelände. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Schauinsland-Chef Gerald Kassner über gute Hotels und Urlaubstrends.

Interview mit Schauinsland-Chef Gerald Kassner: "Gute Hotels erkennt man am Empfang"
Foto: Christoph Reichwein

Herr Kassner, Sie führen das Reiseunternehmen Schauinsland in der dritten Generation. Waren Pauschalreisen vor 20 Jahren anders?

Kassner Das Internet hat die Kunden viel kenntnisreicher und anspruchsvoller gemacht. 70 Prozent gehen erst ins Internet und erst dann ins Reisebüro. Die kennen die Preisstruktur und die Beliebtheit der einzelnen Anlagen in den Bewertungsportalen. Ergebnis: Die Hotels sind besser geworden, vor allem das Essen hat inzwischen eine herausragende Bedeutung. Außerdem werden kürzere Reisen gebucht — die dafür aber mehrmals pro Jahr. Auch, weil das Fliegen billiger geworden ist.

Wenn Sie selbst mal ein Hotel brauchen: In welchem Bewertungsportal schauen Sie nach?

Kassner: Holidaycheck, TripAdvisor und bei hauseigenen Angeboten in unserer FairQuality-Quote.

Woran erkennt man als Kunde auf den ersten Blick ein gutes Hotel?

Kassner Neben den offiziellen Sternen ist immer der erste Eindruck entscheidend. Man erkennt ein gutes Hotel zum Beispiel daran, dass das Personal sofort Blickkontakt mit mir aufnimmt — egal, wie voll und hektisch es gerade ist. Werde ich gegrüßt? Ist der Empfangsbereich sauber? Wird mir Hilfe angeboten? Fühle ich mich willkommen? Ein Management, das den Empfang nicht im Griff hat, hat oft auch den Rest nicht besonders gut organisiert.

Wer ist der typische Schauinsland-Kunde?

Kassner Preisbewusste, aber nicht geizige Kunden aus allen Alters- und Bildungsschichten. Unser Merkmal ist nicht der billigste Preis, sondern wir punkten mit Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Service. Wir bieten überwiegend Pauschalreisen in klassische Warmwasser-Zielgebiete im Vier- und Fünfsterne-Bereich an und gehören in diesem Segment zum günstigsten Drittel der Anbieter. Im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr hatten wir 988.000 Kunden.

Vorgenommen hatten Sie sich eine Million. Was ist schiefgelaufen?

Kassner Gar nichts. Ich bin mit diesem Ergebnis zufrieden, zumal wir auch mit unserer Umsatzrendite von vier Prozent zu den solide aufgestellten deutschen Anbietern gehören. Im vergangenen Jahr war der Sommer auch in Deutschland sehr schön — so was kostet immer Kunden. Außerdem hat sich die Ägyptenkrise weiter negativ ausgewirkt.

Funktionieren familiengeführte Reiseveranstalter besser?

Kassner Sie funktionieren jedenfalls sehr gut. Bei uns haben alle Mitarbeiter ungewöhnlich viel Eigenverantwortung, wir pflegen eine Kultur der kurzen Wege, der offenen Türen und der gegenseitigen Wertschätzung. Wir können schneller reagieren und entscheiden als Aktiengesellschaften und konnten so schneller Angebote platzieren, als die Lage in Ägypten sich wieder entspannt hat. Wir können auch mal mehr riskieren.

Was riskieren Sie denn als Nächstes?

Kassner Wir werden unseren Umsatz im Geschäftsjahr 2013/14 um zehn Prozent steigern. Schauinsland erweitert seine Konzernzentrale in Duisburg um ein 10.000 Quadratmeter großes Grundstück, auf das wir ein neues Bürogebäude setzen werden. Wir wollen künftig pro Jahr 30 bis 40 neue Mitarbeiter einstellen.

Was sind die Urlaubstrends der nächsten Saison?

Kassner Fernreisen werden stärker nachgefragt — bei uns werden sie auch im Schnitt fünf Prozent günstiger. Das hängt mit den Wechselkursen zusammen. Dominikanische Republik, Mexiko, Vereinigte Arabische Emirate und die Malediven wachsen stark. Auch Griechenland kommt zurück.

Gibt es auch inhaltliche Trends?

Kassner Es gibt einen Trend zu chilligeren Anlagen. Die Chill-Out-Zone auf der Dachterrasse als Ergänzung zur Liege am Strand zum Beispiel.

Wer spart mehr — der Frühbucher oder der Last-Minute-Kunde?

Kassner In der Regel hat der Frühbucher die höchsten Rabatte. Wer etwa bis Ende Januar für den Sommer bucht, kann 20 bis 25 Prozent rausholen. Aber es gibt auch im Last-Minute-Bereich sehr hohe Rabatte, allerdings braucht man da mehr Glück.

THOMAS REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(tor)
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