EU-Mitglied droht Staatsbankrott Griechische Krise trifft deutsche Firmen
(RP). Athen schuldet hiesigen Banken und Versicherern mehr als 30 Milliarden Euro. Bei einem Staatsbankrott droht allein der Düsseldorfer WestLB ein Milliardenverlust. Ökonomen warnen vor einer neuen Finanzkrise. Auch Hersteller von Industriegütern warten schon seit Jahren auf ihr Geld.

Euro-Länder in der Schuldenfalle
Unter deutschen Unternehmen wächst die Furcht vor einem griechischen Staatsbankrott. Hiesige Finanzinstitute haben dem Mittelmeer-Staat insgesamt 43,2 Milliarden US-Dollar (31 Milliarden Euro) geliehen, wie aus der aktuellen Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hervorgeht.
Von einer möglichen Pleite Griechenlands betroffen wären etwa die Commerzbank-Tochter Eurohypo, die Skandalbank Hypo Real Estate (HRE), die Großversicherer Allianz und Münchner Rück sowie einige Landesbanken, erfuhr unsere Zeitung in Berliner Koalitionskreisen. Allein die Düsseldorfer WestLB habe griechische Anleihen im Wert von gut einer Milliarde Euro in ihren Büchern.
Krise bedroht deutschen Finanzsektor
Eine neue Abschreibungswelle nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 würde der deutschen Finanzbranche einen weiteren Schlag versetzen. Allerdings seien die Verluste noch beherrschbar, solange die Krise auf Griechenland beschränkt bleibe, meinen Fachleute. Falls sie sich zum Flächenbrand ausweite, sei der gesamte deutsche Finanzsektor gefährdet: Deutsche Banken haben den finanzschwachen Euro-Staaten Spanien, Irland, Griechenland, Portugal und Italien zusammen fast eine halbe Billion Euro geliehen.
Kein Wunder, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Spitzenvertreter seiner Fraktion in dieser Woche vor einer Gefahr gewarnt hat, die größer sei als die, die von Lehman und HRE zusammen ausgegangen sei. Hinter den hektischen Bemühungen, Hilfsmaßnahmen für Griechenland zusammenzustellen, steckte dieser tiefere Grund: einen Dominoeffekt um jeden Preis zu verhindern, der die gesamte deutsche Finanzbranche ins Wanken bringen könnte.
Domino-Effekt um jeden Preis verhindern?
Die ernste Botschaft der Bundesregierung haben die Haushaltspolitiker der Regierungsparteien rasch verstanden: Ein Aufstand der Parlamentarier gegen mögliche deutsche Hilfen für Griechenland gilt als ausgeschlossen. "Es geht darum, Schaden von Deutschland und dem deutschen Steuerzahler fernzuhalten", sagte FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke unserer Zeitung.
Bei ausländischen Gläubigern steht Griechenland insgesamt mit mehr als 300 Milliarden US-Dollar (210 Milliarden Euro) in der Kreide. Um diese Schulden zu bedienen, muss sich der Elf-Millionen-Einwohner-Staat regelmäßig mit frischem Geld von Investoren versorgen. Dazu emittiert er neue Staatsanleihen. Damit Anleger zugreifen, muss Griechenland deutlich höhere Zinsen zahlen als Deutschland.
Die letzte griechische Anleihe vor etwa zwei Wochen konnte zwar noch platziert werden, doch Fachleute befürchten, dass Griechenland mit weiteren Emissionen Probleme bekommen könnte. In der Vergangenheit gab es wiederholt Gerüchte, wonach die Griechen Schwierigkeiten bei der Geldbeschaffung hatten.
Keine weiteren Anleihen aus Griechenland?
Findet Athen keine Geldgeber in der nächsten Runde, muss der gestern in Brüssel vereinbarte Schutzschirm der Euro-Staaten über Griechenland gespannt werden. Im Gesamtjahr 2010 hat Griechenland nach Schätzungen einen Finanzierungsbedarf von 54 Milliarden Euro. Würde Deutschland entsprechend seiner Wirtschaftskraft an einem Hilfspaket beteiligt, müsste es für etwa 20 Prozent davon einstehen.
Dies entspräche einer Summe von gut zehn Milliarden Euro. In welcher Form Deutschland für diese Summe garantieren würde, ist noch völlig offen. Eine tragende Rolle könne die Staatsbank KfW dabei spielen, hieß es gestern in Koalitionskreisen. Sie könne sich Geld leihen und Investoren, die griechische Anleihen kaufen, eine Garantieverzinsung versprechen.
Doch nicht nur der deutsche Finanzsektor leidet unter der griechischen Krise. Auch deutsche Industrieunternehmen beklagen hohe Außenstände. So hat ThyssenKrupp im Auftrag Athens vier U-Boote gebaut. Der Konzern hat den Preis von 520 Millionen Euro aber bis heute nicht erhalten. Inzwischen kündigte Thyssen den Kaufvertrag. Auch der Panzerlieferant Krauss Maffei Wegmann wartet seit Monaten auf einen dreistelligen Millionenbetrag aus Griechenland.