Deutscher Ärztetag in Kiel Gesundheitsminister Bahr gegen Priorisierung

Kiel (RPO). Alle Patienten sollen nach den Worten von Gesundheitsminister Daniel Bahr auch künftig alles medizinisch Notwendige bekommen. Beim Deutschen Ärztetag in Kiel wandte sich der FDP-Politiker am Dienstag klar gegen eine Einschränkung von Leistungen im Sinne von Ranglisten.

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Foto: AP

Für eine solche "Priorisierung" warb erneut der scheidende Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Zudem mahnte Hoppe seine Standeskollegen, Patienten nicht mit teuren Zusatzleistungen zu bedrängen, die aus eigener Tasche zu zahlen sind.

Die rund 250 Delegierten des Ärztetages beraten bis Ende der Woche gesundheitspolitische und ethische Themen. Zudem soll ein Nachfolger für Hoppe gewählt werden, der nach zwölf Jahren an der Spitze der Ärzteschaft nicht mehr als Präsident der Bundesärztekammer kandidiert.

In seiner Abschiedsrede richtete Hoppe eine Mahnung an seine Berufskollegen: Bei den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (Igel) dürfe nicht der Eindruck entstehen, es gehe nur um Zusatzeinnahmen für den Arzt. "Wir sind keine Kaufleute und die Patienten keine Kunden", sagte Hoppe. "Ziehen Sie den Igeln die Stacheln."

Hoppe wiederholte seine Vorschläge für eine "Priorisierung". Es wäre ein drastischer Umbau des deutschen Gesundheitswesen, der bedeutet, dass nur noch von Sachverständigen als wichtig eingestufte Behandlungen sofort erbracht und bezahlt würden; Nachrangiges müssten Patienten selbst bezahlen oder darauf warten. Hoppe begründet dies mit Geldmangel im Gesundheitswesen. "Bei begrenzten Ressourcen und steigender Morbidität ist die Diskussion um Priorisierung als Instrument der transparenten Verteilungsgerechtigkeit unabdingbar", sagte er.

Zugeständnisse von Bahr

Gesundheitsminister Bahr erteilte dem Vorschlag jedoch eine Absage. Die Finanzierung des Gesundheitswesens müsse so stabil gestaltet werden, dass Debatten über eine Rationierung oder Priorisierung unnötig würden, sagte der FDP-Politiker beim Ärztetag. "Wir müssen raus kommen aus der kurzfristigen Kostendämpfungsspirale."

Gleichzeitig stellte Bahr den Ärzten bessere Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten in Aussicht. Dazu soll das Honorarsystem erneut reformiert und vereinfacht werden. Noch in dieser Legislaturperiode solle auch die seit langem geplante Gebührenordnung für Ärzte angegangen werden. Mit dem geplanten Versorgungsstrukturgesetz will Bahr zudem dafür sorgen, dass finanzielle Nachteile für Landärzte mit vielen Patienten abgebaut werden.

Das soll helfen, den drohenden Ärztemangel zu bekämpfen. Allerdings wiesen die Krankenkassen am Dienstag noch einmal darauf hin, dass es so viel niedergelassene Ärzte gebe wie nie zuvor. Deren Zahl habe sich binnen 20 Jahren um 50 Prozent erhöht, erklärte der GKV-Spitzenverband.

Kurskorrektur bei PID

Auf dem Programm des Ärztetags stehen in den nächsten Tagen auch Beschlüsse zu den heiklen Themen Sterbehilfe und Präimplantationsdiagnostik (PID). Hoppe betonte, dass es bei der Hilfe für Sterbende zur Selbsttötung keine Kurskorrektur der Ärzteschaft gebe. Hierüber habe es in den vergangenen Monaten Irritationen gegeben. "Es muss jetzt für jeden klar sein, dass Ärzte keinen Suizid unterstützen dürfen, denn Töten gehört nicht in das Handwerkszeug von Ärztinnen und Ärzten", sagte er. Die Caritas lobte ausdrücklich diese Klarstellung.

Dagegen hat die Bundesärztekammer ihre Position zur PID - also zu Gentests an Embryonen aus künstlicher Befruchtung - verändert und plädiert nun für eine begrenzte Zulassung. "Ich habe immer wieder gesagt, dass es mir am liebsten wäre, es gebe weder die Pränataldiagnostik, noch die PID", bekannte Hoppe. "Aber das eine bedingt das andere."

(apd/felt)
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