Bahn-Streik vorerst beendet Warum nicht gleich so, Herr Weselsky?

Meinung | Düsseldorf · Die Streiks der Lokführer werden noch heute beendet. Das teilten die Deutsche Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft GDL am Donnerstag mit. Jetzt soll ein Schlichtungsverfahren den Durchbruch bringen.

Das ist Claus Weselsky: Lokführer, CDU-Mitglied, Gewerkschafter
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Das ist Claus Weselsky

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Foto: dpa/Carsten Koall

Es ist ein Sieg der Vernunft, den die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer am Donnerstagmorgen der Öffentlichkeit präsentieren: Die Schlichtung im verfahrensten Konflikt des Landes kommt. Das ist ein gutes, aber auch mehr als überfälliges Zeichen für die Streik-Republik Deutschland. Zumal das reiseintensive Pfingstwochenende vor der Tür steht.

Die Bahn hatte geschickt ausgerechnet den früheren Richter am Bundesarbeitsgericht für die Vermittlungen bemüht, der mit seiner Rechtsprechung das Problem überhaupt erst mit verursacht hat: Klaus Bepler war es, der 2010 daran beteiligt war, das bis dahin für unumstößlich gegoltene Prinzip der Tarifeinheit ("Ein Betrieb, ein Tarifvertrag") zu kippen. Seitdem haben kleine Branchengewerkschaften wie die GDL oder der Marburger Bund Rückenwind. Genauso klug war die Entscheidung des Managements, mit dem SPD-Politiker Matthias Platzeck einen auch von der Gewerkschaftsseite akzeptierten Schlichter für die nun vereinbarten Gespräche zu beauftragen. Die GDL entsendet den Linken-Politiker Bodo Ramelow. Das macht Hoffnung, dass in der Ende Mai beginnenden und drei Wochen dauernden Schlichtung eine Lösung herbeigeführt werden kann.

Bei alledem muss man aber die Frage stellen, warum die GDL sich nicht schon vor Tagen auf die Schlichtung einließ? Denn was nun passiert, hätte sie deutlich früher und ohne den nunmehr neunten Streik haben können. Das Gesamtschlichtungsangebot besteht nicht erst seit Donnerstag. Der preis, den die GDL für den jüngsten Arbeitskampf bezahlen musste, ist hoch: Um die dauerstreikenden Mitglieder bei Laune zu halten, musste sie das Streikgeld um 25 auf 100 Euro erhöhen. Das dürfte finanziell schmerzhaft sein. Sie hat sich innerhalb ihres eigenen Dachverbands den Unmut der anderen Mitgliedern zugezogen. Denn Letztere konnten schon lange nicht mehr nachvollziehen, warum ihre Mitgliedsbeiträge dank der DBB-Streikunterstützung immer nur in Richtung GDL flossen.

Die GDL hat es auch geschafft, dass die Gewerkschaftsbewegung zerstritten ist — zumindest schütteln die ansonsten auch nicht um Streiks verlegenen DGB-Mitglieder inzwischen schon den Kopf, wenn sie auf die GDL angesprochen werden. Denn dem Bild von Gewerkschaften, die ohnehin um Mitglieder ringen, hat die GDL mit ihrer lange störrischen Haltung einen Bärendienst erwiesen. Und sie hat wohl auch so manchen Zweifler davon überzeugt, dass ein Gesetz für eine Tarifeinheit angesichts der massiven wirtschaftlichen Schäden in dreistelliger Millionenhöhe doch keine so schlechte Idee ist.

Vor allem die GDL-Mitglieder sollten sich deshalb Fragen: Warum nicht gleich so, Herr Weselsky?

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