Lieferengpässe in Europa Gasstreit: Eon rechnet mit Totalausfall

Moskau/Kiew (RPO). Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine trifft Europa mit voller Wucht. Südosteuropa ist von der Versorgung abgeschnitten. In Österreich kommen nur noch zehn Prozent der zugesagten Lieferungen an. Auch in Deutschland kommt es nach Branchenangaben zu ersten Störungen. Branchenprimus Eon rechnet mit einem Komplett-Ausfall.

Wie sich der Gasstreit auf Deutschland auswirkt
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Foto: AFP

Demnach kommt in Deutschland an diesem Dienstag weniger russisches Gas an als üblich. Ein Sprecher des Gasimporteurs Wingas sagte der Nachrichtenagentur AFP, seit Dienstagmorgen gebe es die ersten Druckabfälle auf der über die Ukraine verlaufenden Gasliefer-Route. Wie groß die Ausfälle sind, sei derzeit nicht zu beziffern.

Der größte deutsche Gasimporteur, Eon Ruhgas, rechnet noch am heutigen Dienstag mit einem völligen Ausfall der russischen Gaslieferungen über die Ukraine nach Deutschland. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in einer Presseerklärung mit. Bereits am Morgen seien die Lieferungen der für Europa bestimmten russischen Erdgasmengen massiv eingeschränkt worden. Die Versorgung der Kunden sei dennoch derzeit sichergestellt.

Beim ostdeutschen Gasimporteur Verbundnetz Gas AG (VNG) war von Engpässen am Dienstag Vormittag noch nichts zu spüren. Man bekomme weiterhin die mit Russland vereinbarten Gasmengen, heißt es. Eine Unternehmenssprecherin sagte der Nachrichtenagentur AP am Dienstag: "Die Verträge werden zu 100 Prozent erfüllt." Allerdings machte sie keine Angaben welche Schwankungsbreite die vertraglichen Vereinbarungen für die Gaslieferungen vorsehen.

Südosteuropa muss an die Reserven

Am Dienstagvormittag hatten mehrere Länder aus Südosteuropa einen Stopp russischer Lieferungen gemeldet. Bulgarien, die Türkei, Griechenland und Mazedonien seien eingestellt worden, teilte das bulgarische Energieministerium am Dienstag in Sofia mit. Auch die türkische Regierung bestätigte den Lieferstopp. In Österreich kommen nur noch zehn Prozent der üblichen Menge an russischem Gas an.

Zunächst habe der russische Energieriese Gazprom in der Nacht zum Dienstag angekündigt, die Lieferungen um 30 bis 40 Prozent verringern zu wollen, teilte der österreichische Energiekonzern OMV mit. Am Morgen seien allerdings 90 Prozent der vereinbarten Menge nicht geliefert worden. OMV müsse deshalb seine Gasreserven anzapfen.

Nach Angaben des ukrainischen Gasunternehmens Naftogaz hat Russland seine Erdgaslieferungen in die EU-Länder um etwa zwei Drittel gekürzt. Der russische Gasmonopolist Gazprom habe am Dienstag nur 92 Millionen Kubikmeter Erdgas für die EU-Länder geliefert, gegenüber 221 Millionen am Montag und 300 Millionen an den Vortagen, sagte Naftogaz-Sprecher Walentin Semljanski in Kiew. "In einigen Stunden wird Europa es merken."

Die EU hat die Engpässe bei Gaslieferungen nach Europa scharf kritisiert. Die infolge des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine geringeren Liefermengen seien "vollkommen inakzeptabel", erklärte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstag in Brüssel. Die Liefermengen seien ohne vorherige Ankündigung und in Widerspruch zu Versicherungen aus Russland und der Ukraine für manche EU-Länder "deutlich" gekürzt worden.

Gazprom beschuldigt die Ukraine

"Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission fordern, dass die Gaslieferungen in die EU unverzüglich wiederhergestellt werden", hieß es in der Erklärung. Zudem müssten Russland und die Ukraine "sofort" ihre Verhandlungen wieder aufnehmen, um ihren "bilateralen Handelskonflikt" abschließend zu lösen.

Die ukrainische Gasgesellschaft kündigte daraufhin an, die Gespräche mit Russland wiederaufnehmen zu wollen. Der Chef des Unternehmens wird dazu nach eigenen Angaben am Donnerstag nach Moskau reisen.

Der Vizechef des russischen Energieunternehmens Gazprom, Alexander Medwedew, beschuldigte am Dienstag die Ukraine, drei der vier über sein Staatsgebiet führenden Gasleitungen in der Nacht geschlossen zu haben. Dadurch komme seit Dienstagmorgen nur ein Siebtel der normalen Liefermengen bei den Gazprom-Kunden in der EU an, sagte Medwedew laut den russischen Nachrichtenagenturen Ria Nowosti und ITAR-TASS.

Seit Dienstag sind die Gaslieferungen aus Russland etwa in Österreich deutlich gesunken und in großen Teilen Südosteuropas vollkommen versiegt. Auch in Deutschland fiel der Druck in den Leitungen ab, wie der Gasimporteur Wingas der Nachrichtenagentur AFP bestätigte.

(AP)
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