Experte der Verbraucherzentralen Gas und Strom werden teurer

Düsseldorf (RPO). Zum Jahreswechsel werden Gas und Strom für Millionen Verbraucher wieder teurer. Wegen der Mineralölpreisbindung des Rohstoffs rechnet der Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Holger Krawinkel mit Preiserhöhungen beim Gas bis zu 15 Prozent.

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Foto: dpa, Andrea Warnecke

Dabei ist Gas zurzeit alles andere als rar. Im Gegenteil: Sinkende Nachfrage wegen der Konjunkturkrise und steigende Förderung sorgen für ein Überangebot am Markt und lassen die Preise im freien Handel einbrechen.

Dass Millionen Verbraucher trotz der Schwemme billigen Gases noch tiefer in die Tasche greifen sollen, hat historische Gründe: Vor Jahrzehnten koppelten die großen deutschen Gasimporteure in ihren Verträgen mit den Förderländern den Gaspreis an den Mineralölpreis. Das sollte die gigantischen Aufwendungen für die Erschließung neuer Gasfelder und den Bau der benötigen Pipelines absichern.

Inzwischen versuchen die großen Gasimporteure wie Marktführer E.ON Ruhrgas die Verträge nachzuverhandeln. Doch wie in Branchenkreisen zu erfassen ist, sperrt sich vor allem Russland gegen Preiszugeständnisse.

Aber die Verbraucher sind dem Preisdiktat dennoch nicht hilflos ausgeliefert, betonte Krawinkel. "Es wird reihenweise Anbieter geben, die die Preise nicht erhöhen müssen, weil sie keine Verträge mit Ölpreisbindung haben", prophezeite der Branchenkenner. Der Kunde müsse jetzt die Preise vergleichen und bereit sein, den Anbieter zu wechseln, dann könne er den Preiserhöhungen ein Schnippchen schlagen.

Strompreis steigt, Trendwende erst in zehn Jahren

Auch die Strompreise in Deutschland werden in den kommenden Jahren nach Ansicht von Fachleuten deutlich steigen, so Krawinkel. Der Preisanstieg sei Folge der notwendigen hohen Investitionen in die Stromnetze und des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Erst in etwa zehn Jahren rechnet Krawinkel mit einer Trendwende.

Die aktuelle Welle von Strompreiserhöhungen zum Jahreswechsel hält der Energieexperte aber dennoch nicht für gerechtfertigt. "Die Fundamentaldaten rechtfertigen im Augenblick keine Strompreiserhöhung", meinte er. Denn die Preise an der Strombörse lägen nach wie vor deutlich unter dem Vorjahresniveau.

Viele Versorger hätten sich am Terminmarkt verkalkuliert, den Strom in der Hochpreisphase zu teuer eingekauft und versuchten dies nun an die Kunden weiterzugeben, meinte Krawinkel. Anbieter, die sich aktuell am Spotmarkt eindecken, könnten dagegen den Strom deutlich günstiger anbieten. "Der Verbraucher muss die Preiserhöhungen nicht mitmachen, er kann einen günstigeren Anbieter wählen", empfahl der Energieexperte.

Die Ölpreisbindung für Gas wackelt

Die Zeit arbeitet Krawinkel zufolge für die Gaskunden. "Ich denke, dass die Ölpreisbindung in den nächsten Jahren fallen wird." Der Markt habe sich verändert. Die Internationale Energieagentur gehe davon aus, dass es zunehmend mehr Gas geben werde. Die Koppelung an das knapper werdende Öl sei deshalb auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten.

Profitieren davon werde der Gaskunde. "Die Preise werden sich ein Stück weit voneinander abkoppeln", sagte Krawinkel voraus. Weil Gas weniger knapp sei als Öl, würden die Preise auch dann nicht so stark steigen, wenn die Wirtschaft wieder Tritt fasse.

Allerdings sind nicht alle Energieexperten so optimistisch. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) glaubt nicht an eine anhaltende Gasschwemme. "Die Nachfrage wird deutlich steigen. Gas ist aus Klimaschutzgründen sehr attraktiv", prophezeit sie. Sie erwartet einen wachsenden Gasverbrauch in Kraftwerken, aber auch beim Heizen und im Verkehr.

Nach Einschätzung von Kemfert wird für die künftige Preisentwicklung in erster Linie die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt ausschlaggebend sein. "Der Gasmarkt ist enorm verkrustet und hat viel zu wenig Wettbewerb", betont sie. Wenn sich daran nichts ändere, sei ein Preisanstieg wohl unvermeidlich. Doch könnte es auch anders kommen. "Es gibt genügend Gas für die nächsten 40 bis 50 Jahre am Markt. Wenn wir einen funktionierenden Wettbewerb hätten, müssten die Gaspreise nicht steigen", glaubt sie.

(apd)
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