Gaslieferungen aus Russland Moskau setzt Gazprom Germania auf die Sanktionsliste - Gastransit durch Ukraine geringer

Moskau/Berlin · Anfang April hatte der russische Staatskonzern Gazprom seine deutsche Tochter aufgegeben. Nun verbietet Russland Geschäfte mit Firmen wie Gazprom Germania. Uniper prüft derweil die Sanktionen. Zudem wirft ein russisches Verbot von Gasspeicherung Fragen auf.

 Das Logo von Gazprom Germania, bis April Tochterunternehmen des russischen Gasversorgers Gazprom.

Das Logo von Gazprom Germania, bis April Tochterunternehmen des russischen Gasversorgers Gazprom.

Foto: dpa/Paul Zinken

Der Energiekonzern Uniper erörtert die Konsequenzen der russischen Sanktionen gegen die Firma Gazprom Germania und andere ehemalige Tochterunternehmen des russischen Gaskonzerns. „Wir prüfen das im Detail“, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag. Unklar seien insbesondere Einzelheiten zum Verbot der Befüllung der Gasspeicher.

Nach den von Russland verhängten Sanktionen gegen ehemalige Tochtergesellschaften von Gazprom im Ausland ist der Gas-Transit durch die Ukraine nach Europa deutlich gefallen. Das Auftragsvolumen für die Durchleitung russischen Gases lag nach Angaben des ukrainischen Netzbetreibers OGTSU am Donnerstag bei nur noch 53,2 Millionen Kubikmeter.

Laut dem aktuellen Transitvertrag können täglich maximal 110 Millionen Kubikmeter russisches Gas durch die Ukraine nach Europa gepumpt werden. Am Dienstag lag das Auftragsvolumen nach russischen Angaben noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern. Am Mittwoch war die Gasmenge auf 72 Millionen Kubikmeter gefallen, weil die Ukraine kriegsbedingt einen Strang durch die schwer umkämpfte Region Luhansk geschlossen hatte. Nun ist sie noch einmal um mehr als ein Viertel gefallen.

Ob der drastische Rückgang mit den Sanktionen zusammenhängt, ist offen. Gazprom-Sprecher Sergej Kurprijanow erklärte am Donnerstag, der Konzern habe die Gasmenge entsprechend den Kiewer Vorgaben am Punkt Sudscha in das ukrainische Pipelinenetz eingespeist. Der Antrag, weitere Mengen über die im Grenzgebiet zu Luhansk liegende Gasmessstation Sochraniwka einzuspeisen, sei von der Ukraine abgelehnt worden, sagte Kurprijanow. Er machte keine Angaben dazu, wie viel Gas Russland über diesen Strang pumpen wollte. In den vergangenen Wochen wurden mehrfach vergleichbare Mengen durch das ukrainische Pipelinesystem geleitet. Zuletzt war die Transitmenge am 24. April mit 53 Millionen Kubikmetern ähnlich niedrig.

Die russische Regierung hatte am Mittwoch eine Verfügung veröffentlicht, nach der mit insgesamt 31 aufgelisteten Firmen von russischer Seite keine Geschäfte mehr gemacht werden dürfen. Demnach treten die Handelsverbote im Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin in Kraft. Gazprom Germania war Anfang April unter staatliche deutsche Kontrolle gestellt worden.

Gazprom Germania ist Eigentümerin weiterer wichtiger Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Nach Angaben der russischen Agentur Interfax ist das Anlegen von Vorräten mit russischem Gas in den Speichern Europas künftig verboten. Unklar war zunächst, wie ein solches Verbot durchzusetzen wäre.

In Deutschland gibt es 47 Untertagespeicher an 33 Standorten, die von rund 25 Firmen betrieben werden. Auf Uniper entfällt rund ein Viertel der deutschen Speicherkapazität. Der größte Einzelspeicher wird allerdings von der Gazprom-Germania-Tochter Astora betrieben, die unter die neuen Sanktionen fällt. Der Speicher befindet sich im niedersächsischen Rehden. Auf ihn entfällt rund ein Fünftel der deutschen Kapazität. Zuletzt war in dem Rehdener Speicher allerdings kaum Gas gelagert, der Füllstand lag zu Beginn vergangener Woche bei 0,6 Prozent. Erst Ende vergangener Woche hatte die Befüllung wieder begonnen. „An der Beschaffung größerer Gasmengen für diesen Speicher wird intensiv gearbeitet“, hieß es von der Bundesnetzagentur am vergangenen Donnerstag (5. Mai). Ziel sei es, am 1. Oktober einen Füllstand von 80 Prozent zu erreichen.

Die russische Regierung veröffentlichte am Mittwoch eine Verfügung, nach der die Handelsverbote im Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin in Kraft treten. Gazprom Germania war Anfang April unter staatliche deutsche Kontrolle gestellt worden. Zuvor hatte Russland überraschend die deutsche Gazprom-Tochter aufgegeben.

Ein Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sagte in Berlin: „Wir werten diese Ankündigungen aus. Noch liegen uns keine Details vor.“ Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur als Treuhänderin von Gazprom Germania seien bereits dabei, sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten. „Das Krisenteam Gas überwacht die aktuelle Lage genau. Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, sie wird ständig überprüft“, sagte die Sprecherin.

Gazprom Germania ist Eigentümerin weiterer wichtiger Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Dazu gehören etwa der Gashändler Wingas, der unter anderem Stadtwerke beliefert und der Gasspeicherbetreiber Astora. Sie sind ebenfalls von den russischen Sanktionen betroffen. Nach Angaben der russischen Agentur Interfax ist damit das Anlegen von Vorräten mit russischem Gas in den Speichern Europas künftig verboten. Unklar war zunächst, wie ein solches Verbot durchzusetzen wäre. In Deutschland gibt es 47 Untertagespeicher an 33 Standorten, die von rund 25 Firmen betrieben werden.

Gasspeicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit eine Art Puffersystem für den Gasmarkt. Für gewöhnlich sind die Speicher mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt, bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände dann ab. An kalten Wintertagen werden bis zu 60 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland aus deutschen Speichern abgedeckt. Laut dem neuen Speichergesetz sollen sie am 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein. Am vergangenen Montag waren die Speicher zu knapp 39 Prozent gefüllt - mit steigender Tendenz.

Die von den Gegensanktionen betroffenen Unternehmen in Deutschland, in anderen EU-Staaten, in den USA und in Großbritannien waren im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt worden. Betroffen sind von den russischen Gegensanktionen vor allem die Betreiber von Gasspeichern sowie etwa auch der Eigentümer, der den polnischen Teil der von Russland nach Europa führenden Pipeline Jamal betreibt. Zuvor hatte Russland bereits seine Gaslieferungen nach Polen eingestellt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Anfang April die Bundesnetzagentur vorübergehend als Treuhänderin für die deutsche Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom eingesetzt. Habeck begründete dies mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften. Ziel sei es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Gazprom ist nach wie vor der größte Gaslieferant Deutschlands.

(peng/dpa)
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