Galeria-Schließungen Wie die leeren Warenhäuser jetzt genutzt werden könnten

Düsseldorf/Essen · Etliche Galeria-Häuser brauchen nach der Schließungsankündigung eine Zukunft. Die könnte in vielen Fällen in einem Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Essen und Einkaufen bestehen. Aber jeder Standort braucht ein eigenes Konzept.

Zwei Beispiele für Nachnutzung: die Fassade der alten Galeria-Kaufhof-Filiale an der Berliner Allee in Düsseldorf (oben links) und der Nachfolger Crown (oben rechts) sowie das ehemalige Karstadt-Haus in Herne während des Umbaus (unten links) und die „Neuen Höfe Herne“ heute.

Zwei Beispiele für Nachnutzung: die Fassade der alten Galeria-Kaufhof-Filiale an der Berliner Allee in Düsseldorf (oben links) und der Nachfolger Crown (oben rechts) sowie das ehemalige Karstadt-Haus in Herne während des Umbaus (unten links) und die „Neuen Höfe Herne“ heute.

Foto: dpa, Crown, imago (2)

Wenn 52 Galeria-Filialen von der Bildfläche verschwinden sollen, dann drohen 52 mehr oder weniger ungenutzte Warenhäuser in der innerstädtischen Landschaft. Angeblich will die Modekette Aachener bis zu 25 Häuser einschließlich Personal übernehmen. Aber ob das klappt, ist offen. Und selbst dann blieben noch viele Immobilien, für die Vermieter nach Nachmietern suchen, Kommunen nach möglichen neuen Gewerbesteuerzahlern, Kunden und Kundinnen nach Einkaufsmöglichkeiten. Was tun?

Laut Boris Hedde, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH), muss bei den Verantwortlichen ein Umdenken stattfinden: „In Deutschland ist in den Innenstädten viel zu lange vom Handel her gedacht worden, zu wenig von den Bürgerinnen und Bürgern, die in die Städte kommen sollen. Man muss die Perspektive wechseln.“ Soll heißen: keine großen reinen Handelsimmobilien, die viele nicht mehr wollen, sondern einen Mix aus verschiedenen Elementen. „Wenn ein bisheriges Warenhaus einen neuen Nutzungsmix beispielsweise aus Wohnen, Arbeiten, Handel und Gastronomie bekommt, ist das in vielen Fällen die zukunftsfähigste Lösung“, sagte jüngst Benjamin Schrödl, Partner der Beratungsgesellschaft PwC, unserer Redaktion. Zugleich eine, die zwangsläufig ist, so Hedde: „Ein Mix aus mehreren Elementen ergibt sich automatisch, wenn man der Nachfrage der Menschen folgt.“

In vielen Kommunen mangele es abseits der Galeria-Frage jedoch an einer Bestandsaufnahme dessen, was ist, was gebraucht wird und wer das machen könnte: „Die Städte müssen erst mal die Flächen erfassen, die genutzt werden könnten. Dann muss man sehen, welche Konzepte sich dafür eignen und wie man dafür die Anbieter findet“, sagt Hedde. Genau das soll ein Projekt namens „Stadtlabor für Deutschland“ bewirken, bei dem das IFH gemeinsam mit 14 Modellstädten eine digitale Plattform für „proaktives Ansiedlungsmanagement“ in Innenstädten erarbeitet hat. Mit Hilfe von softwaregestützten Standards soll jede Stadt für sich einen Weg finden, wie Leerstand vermieden oder schnellstmöglich überwunden werden kann. Das Bundeswirtschaftsministerium hat das Projekt bis Ende 2022 mit elf Millionen Euro gefördert. Auch längerfristig ein Weg, um auch ein drohendes Innenstadt-Desaster an Galeria-Standorten zu managen? Vielleicht.

Es gibt aber auch jetzt schon Beispiele, wie Städte in der jüngeren Vergangenheit mit dem Exodus des Warenhauses umgegangen sind:

Hamburg

2020 zog Karstadt-Sports an der Mönckebergstraße aus. Aktuell dient das Haus als Ausstellungsfläche für Kunst, Mode und Produktdesign: Kunst statt Karstadt als Übergang. Die Ausstellungsflächen vergibt die Hamburg Kreativ Gesellschaft – für 1,50 Euro pro Quadratmeter. Eine Zwischenlösung also, genau wie die am Düsseldorfer Wehrhahn, wo im früheren Kaufhof-Haus der Fahrradhändler Stadler sein Geschäft betreibt.

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Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Herne

Als in der Ruhrgebietsstadt Hertie 2009 ging, hat es Jahre gedauert, bis die Nachlösung wirklich in Gang kam – dafür offenbar erfolgreich: Nach dem Hertie-Auszug begann 2016 ein städtischer Wettbewerb zur Nachnutzung, zwei Jahre später ging die Immobilie an einen Investor, 2021 gab es die Wiedereröffnung – mit dem auch derzeit gern propagierten Nutzer-Mix unter anderem aus Einzelhandel, Gastronomie und Büros. Das „Neue Höfe Herne“ sei vollvermietet, heißt es.

Siegen

Das frühere Karstadt-Haus ist zum Ort des Lernens und Wissens geworden. Erst wurde das alte Gebäude umgebaut, aufgestockt. Ins Obergeschoss zog ein Hörsaalzentrum ein, zwei Uni-Fakultäten sollen in den Stadt-Campus folgen.

Drei Beispiele also, wie es funktionieren kann. Henning Höne, FDP-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, sieht auf jeden Fall auch die Kommunen in der Pflicht, alles für attraktive Innenstädte zu tun: „Wer es der Außengastronomie schwer macht, Parkgebühren vervielfacht und auf Sonntagsöffnungen verzichtet, macht es den Innenstädten unnötig schwer.“ Für diesen Freitag hat NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Bürgermeister der betroffenen Städte zu einem Krisengespräch gebeten. Oppositionspolitiker Höne reicht das nicht aus. Die Kommunalministerin müsse endlich alle Akteure an einen Tisch holen und etwa bei der Innenstadtförderung stärker auf Immobilien- und Standortgemeinschaften setzen, fordert Höne.

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