Galeria-Filialen vor der Schließung Was wird aus denen, die es nicht schaffen?

Essen · Am Montag wird bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung eine Schließungsliste vorliegen. Die Frage: Was kann aus jenen Filialen werden, die keine Zukunft mehr im Warenhaus­konzern haben?

 Das ehemalige Kaufhof-Haus am Düsseldorfer Wehrhahn.

Das ehemalige Kaufhof-Haus am Düsseldorfer Wehrhahn.

Foto: Uwe-Jens Ruhnau

Es gibt zwei Termine, die für den Warenhauskonzern Galeria derzeit von besonderer Bedeutung sind. Der eine ist die Versammlung am 27. März, bei der die Gläubiger des Unternehmens dem Sanierungsplan zustimmen sollen. Falls die Gläubiger das Konzept ablehnen sollten, werde „der Geschäftsbetrieb unmittelbar einzustellen sein“, heißt es. Schon am kommenden Montag, also zwei Wochen vorher, trifft sich der Galeria-Aufsichtsrat zu einer außerordentlichen Sitzung. Wichtiger Tagesordnungspunkt: eine Liste mit Häusern, die sicher oder womöglich geschlossen werden.

In Einzelfällen ist das noch abhängig von der Bereitschaft von Vermietern, bei Forderungen an das Unternehmen zurückzustecken. Unter der Formel „80 plus“ lässt sich jedenfalls die Zahl der Filialen zusammenfassen, die gerettet werden sollen. Was im Umkehrschluss auch hieße, dass 50 der 130 Häuser wegfallen könnten, und ob das die endgültige Zahl sein wird, ist fraglich. Auf jeden Fall wackeln wieder mal Tausende Stellen.

Der Jobverlust, der wieder einmal unausweichlich erscheint, ist die eine Botschaft, deren Tragweite am Montag klarer sein könnte. „Wir werden uns von Häusern trennen, die dauerhaft Verluste schreiben“, hat Sanierungsexperte Arndt Geiwitz gesagt. Dem Vernehmen nach sind auch Filialen, bei denen die Immobilien dem Galeria-Eigentümer Signa gehören (dessen Gesicht der Österreicher René Benko ist), nicht davon ausgenommen. Am Montag wird wohl zumindest klar sein, welche Filialen auf jeden Fall überleben – verbunden mit der Frage: Was wird aus denen, die das nicht schaffen?

Die Unternehmensberatungsgesellschaft PwC hat 32 Häuser von Karstadt und Galeria-Kaufhof, die nach dem ersten Schutzschirmverfahren in der Insolvenz vor zwei Jahren geschlossen wurden, beobachtet. Die Zukunftsfähigkeit solcher Warenhäuser hängt nach Einschätzung von PwC-Partner Benjamin Schrödl stark davon ab, wie viele Parteien beteiligt sind: „Wenn ein bisheriges Warenhaus einen neuen Nutzungsmix beispielsweise aus Wohnen, Arbeiten, Handel und Gastronomie bekommt, ist das in vielen Fällen die zukunftsfähigste Lösung.“ Und abreißen oder sanieren? „Der Abriss eines Warenhauses sollte insbesondere aus Nachhaltigkeitsgründen immer nur die Ultima Ratio darstellen“, so der Experte.

Zumal so etwas in den Innenstädten auch eine riesige Lücke in die Zentren reißt, die umso auffälliger wird, je kleiner die Stadt ist. Darum sind andere Nutzungsmöglichkeiten favorisiert – deren Umsetzung sich aber über Jahre hinziehen kann. Drei Beispiele aus der Region: In Mönchengladbach soll das ehemalige Karstadt-Haus in Rheydt in den geplanten Neubau des Rathauses integriert werden, am Düsseldorfer Werhahn residiert im Ex-Kaufhof-Haus aktuell noch der Fahrradhändler Stadler als Zwischenlösung (die Immobilie ist auch als Opern-Standort im Gespräch). Und in Bonn soll der Bekleidungsfilialist Peek & Cloppenburg (P&C) in die frühere Karstadt-Filiale einziehen – noch ungeachtet der Tatsache, dass sich P&C selbst im Schutzschirmverfahren befindet. Man halte an den Plänen fest; ein genaues Datum könne man aktuell nicht nennen, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Aldi und DEM haben dort ebenfalls Filialen, diese sind allerdings zurzeit wegen eines Wasserschadens geschlossen.

Alle drei Beispiele zeigen, dass die Nachnutzung von geschlossenen Warenhäusern möglich ist, aber ein schwieriges Geschäft und sich die Projektfertigstellung über Jahre hinziehen kann – ein Zeitraum, in dem Kommunen auch einiges an Gewerbesteuer entgehen kann. Deshalb haben ja viele auch um die Erhaltung an ihrem Standort gerungen. Aber Schrödl wendet ein: „Wenn eine Warenhaus-Immobilie leer steht, leidet der Standort. Aber die Frage ist auch: Wie sehr leidet ein Standort unter einem nicht mehr gut frequentierten Warenhaus?“

Um die Probleme auszumerzen, entstehende Lücken womöglich wieder zu schließen, sind nach Expertenmeinung auf Bundesebene Milliardensummen für die Veränderungen notwendig. In Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung in der Pandemie, in der unter anderem der innerstädtische Handel in zwei Lockdowns stark leiden musste, zunächst ein Sofortprogramm über 70 Millionen Euro für die Revitalisierung der Innenstädte aufgelegt, in denen Wohnen, Arbeiten, Verkehr und Erholung eng miteinander verzahnt werden sollten, und diese Summe im Januar 2022 um 25 Millionen Euro aufgestockt.

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