Übernahme-Krimi bei Hochtief Gabriel setzt Merkel unter Druck

Berlin/Düsseldorf (RPO). Einen trickreichen Punktsieg kann SPD-Chef Sigmar Gabriel schon mal für sich verbuchen. Mit seinem Appell an die Kanzlerin, sie solle sich in der Übernahmeschlacht um Hochtief endlich schützend vor den deutschen Baukonzern stellen, hat er Angela Merkel (CDU) in die Zwickmühle getrieben. Unterdessen hat sich der Baukonzern Bilfinger Berger in die Debatte eingeschaltet und Hilfe angeboten.

 Regierungssprecher Steffen Seibert bezog am Mittwoch Stellung zur jüngsten Kritik an der Kanzlerin.

Regierungssprecher Steffen Seibert bezog am Mittwoch Stellung zur jüngsten Kritik an der Kanzlerin.

Foto: dapd, dapd

Mischt sie sich ein, fällt sie ihrem Bundeswirtschaftsminister in den Rücken. Denn Brüderle (FDP) hatte schon vor Wochen gesagt, dass die Abwehr der spanischen ACS allenfalls Aufgabe der Hochtief-Aktionäre sei, aber niemals der Politik. Sprachlos bleiben kann Merkel in dem spannendsten Wirtschaftskrimi des Jahres aber auch nicht. Denn dann würde Gabriel die Kanzlerin während der Übernahmeschlacht noch wochenlang vor sich hertreiben und genüsslich behaupten, die Bundesregierung lasse 11 000 deutsche Hochtief-Mitarbeiter im Stich.

Vor diesem Hintergrund ist die diplomatisch exakt austarierte Reaktion des Kanzleramtes vom Freitag zu verstehen. Merkel erklärt zwar ihre Solidarität mit Hochtief. Aber nicht selbst. Sondern nur über einen Pressesprecher. Und das auch nur als Reaktion auf eine Anfrage. Zu groß ist offenbar ihre Sorge, dass die SPD nach Merkels jüngsten wirtschaftspolitischen Scharmützeln mit Brüderle (Steinkohle, Opel) den nächsten Keil in die Koalition treibt. Vermutlich wollte Brüderle genau deshalb Freitag auch nichts mehr zu Hochtief sagen.

Allerdings meldete NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sich nach langem Schweigen erstmals zu Wort: "Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen prüft derzeit eine Bundesratsinitiative, um feindliche Übernahmen zu erschweren. Eine Entscheidung wird in der nächsten Woche fallen." Gemeint ist das in Deutschland vergleichsweise liberale Übernahme-Recht, das es angreifrenden Unternehmen leichter als in fast allen anderen Industrienationen macht, unterbewertete Konzerne wie Hochtief in einem Handstreich aufzukaufen.

Die CDU in NRW bezweifelt, dass dieser Plan gelingt. Landtags-Fraktionschef Karl-Josef Laumann sagte am Freitag unserer Redaktion: "Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber schneller ist, als der Kapitalmarkt." Krafts Plan sei "eher ein Ausdruck der Hilflosigkeit".

Zwar wünscht sich auch die NRW-CDU, dass Hochtief "als selbstständiges Unternehmen mit Sitz in NRW erhalten bleibt", wie Laumann sagte. Allerdings ging er zu den Hilferufen des Hochtief-Managements an die Adresse der Politik auf Distanz: "Man muss auch sehen, dass irgendwer ja mal die Aktien an die Spanier verkauft hat. Jetzt wird man die Geister nicht mehr los, die man gerufen hat. Und jetzt ruft man nach der Politik, die sich aber an Recht und Gesetz halten muss."

Während die Übernahmeschlacht die Politik erreicht hat, ist die spanische ACS bei ihren Angriffsplänen offensichtlich auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Anders als angekündigt haben die Spanier ihren Übernahmeplan noch immer nicht bei der Finanzaufsicht Bafin eingereicht. "Das wird in den nächsten Wochen geschehen", sagte eine Sprecherin.

Offensichtlich reicht das Geld noch nicht: Das ACS-Management kündigte gestern die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung an, die eine saftige Kapitalerhöhung beschließen soll. Mit der Ausgabe frischer Aktien will ACS bis zu sechs Milliarden Euro am Kapitalmarkt einsammeln. Was zeigt: Die Hochtief-Übernahme ist schwieriger als gedacht, der Krimi geht weiter.

Laumann glaubt nicht an einen Erfolg

Die CDU-Fraktion im NRW-Landtag dämpft die Hoffnungen auf den Erfolg einer politischen Einflussnahme in der Übernahmeschlacht um den Baukonzern Hochtief. Fraktionschef Karl-Josef Laumann sagte gegenüber unserer Redaktion, er wünsche sich zwar den Erhalt der Selbstständigkeit von Hochtief. "Man muss aber auch sehen, dass irgendwer ja mal die Aktien an die Spanier verkauft hat. Jetzt wird man die Geister nicht mehr los, die man gerufen hat. Und jetzt ruft man nach der Politik, die sich aber an Recht und Gesetz halten muss."

Die von SPD-Chef Sigmar Gabriel vorgeschlagene Verschärfung des deutschen Übernahme-Rechts zum Schutz von Hochtief hält Laumann für aussichtslos. "Das kommt zu spät. Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber schneller ist als der Kapitalmarkt."

Bilfinger will helfen

Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger könnte sich einen Einstieg beim Wettbewerber Hochtief vorstellen, um eine Übernahme durch den spanischen Großaktionär ACS abzuwehren. "Natürlich könnten wir uns vorstellen, auch einen Beitrag zu leisten, wenn es eine entsprechende Initiative gäbe", sagte Bilfinger-Vorstandsvorsitzender Herbert Bodner der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Als "weißer Ritter" sieht sich Bilfinger aber nicht. Alleine könnte und würde der Konzern keine Sperrminorität übernehmen.

Die Vorschläge des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, wonach sich die Bundesregierung aktiv um ein Konsortium zur Übernahmen einer Sperrminorität an Hochtief bemühen soll, lehnt Bodner ab. "Eine politische Lösung wäre der falsche Weg, der Staat kann keinem Unternehmen eine Bestandsgarantie geben", sagte er. Im Kern teile er die ablehnende Haltung von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zu Staatshilfen. Andererseits müsse Deutschland aufpassen, seine Marktführer nicht zu verlieren.

(RP)
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