Vorstoß der Bundesbank Experten und Politik streiten über Rente mit 69

Düsseldorf (RPO). "Unangebracht!", "Haarsträubend!", "Vorschlag zu Unzeit!": Der Vorstoß der Bundesbank, dass Rentenalter in Deutschland auf 69 Jahre zu erhöhen, stößt bei Parteien und Verbänden auf Ablehung. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht dies anders. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht ein IW-Rentenexperte von einer vernünftigen Lösung.

 Auch Rentenexperte Bernd Raffelhüschen begrüßt den Vorschlag.

Auch Rentenexperte Bernd Raffelhüschen begrüßt den Vorschlag.

Foto: AP

Das arbeitgebernahe Institut aus Köln hält den Vorstoß der Bundesbank zu einer Rente mit 69 für angemessen. Der IW-Rentenexperte Jochen Pimpertz erklärte auf Anfrage unserer Redaktion: "Ich halte das für die vernünftigste Lösung. Es ist besser als Rentenkürzungen oder Einkommenseinbußen durch immer höhere Rentenbeiträge."

Wenn man davon ausgehe, dass die Lebenserwartung auch künftig steige, sei die weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus eine logische Konsequenz. Zwar werde der längeren Lebenserwartung mit der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 von 2012 bis 2029 bereits Rechnung getragen. Die Lebenserwartung nehme aber auch nach 2030 aller Voraussicht nach zu.

Auch der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen begrüßte den Vorschlag der Bundesbank. Mit der beschlossenen Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis 2029 sei die steigende Lebenserwartung bis zum Jahr 2035 eingerechnet worden, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es sei aber durchaus möglich, "dass 2040 weitere Anpassungen erforderlich sind".

Parteien gegen Änderungen bei der Rente

Bei Politikern der großen Parteien stößt der Vorschlag indes auf Ablehnung. Der Vorschlag sei "unangebracht und verwirrt nur die Menschen", sagte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Gerald Weiß (CDU), der "Thüringer Allgemeinen". Mit einem Eintrittsalter von 67 Jahren könne das umlagefinanzierte Rentensystem langfristig in der Balance gehalten werden. Bis 2029 wisse jeder, woran er sei.

Von einem "schlechten Scherz im Sommerloch" sprach der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Es sei "haarsträubend", dass die Bundesbank in der größten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik nichts Besseres zu tun habe, als die Menschen "mit derart absurden Szenarien verrückt zu machen", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Dienstag in Berlin. Schon die beschlossene Rente mit 67 sei nicht vertretbar.

"Die Rente mit 69 ist schlichtweg unverantwortlich", erklärte der Präsident des Sozialverbandes Deutschland, Adolf Bauer. Schon die Rente mit 67 werde nicht zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit, sondern zu einer Vergrößerung der Lücke zwischen Berufsaustritt und Renteneintritt führen. "Die Rente mit 69 aber ist eine sozialpolitische Geisterfahrt", fügte Bauer hinzu.

Die FDP wandte sich gegen die Debatte über die Anhebung des Rentenalters im Jahr 2060. "Jetzt darüber zu diskutieren, was in 50 Jahren vielleicht sein wird, ist nicht sehr sinnvoll", sagte der FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe). Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass eine steigende Lebenserwartung auch längere Arbeitszeiten erfordere. Diese sollten aber nicht durch starre Altersgrenzen festgelegt werden.

(ots/csi)
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