"Schlechte Sicherheitskultur" Experte: Künftig mehr Störfälle in Atomkraftwerken

Frankfurt/Main (RPO). Nach den Zwischenfällen in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel rechnet ein Experte mit weiteren Störfällen dieser Art in Deutschland. Betreiber Vattenfall muss sich unterdessen eine "schlechte Sicherheitskultur" vorwerfen lassen. Kritik wird auch laut an der deutschen Atompolitik.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Der Reaktorexperte des Ökoinstituts, Michael Sailer, warnt vor weiteren Sicherheitsproblemen in Kernkraftwerken. Wegen der aus Sicherheitsgründen durchgeführten technischen Änderungen an den älter werdenden Kraftwerken wie denen in Krümmel und Brunsbüttel seien die Anlagen von den Reaktormannschaften schwieriger zu überblicken, sagte Sailer der "Frankfurter Rundschau" (Dienstagausgabe).

Da die erste Generation der Betriebsmannschaften oft aus Altersgründen bereits ausgeschieden sei, fehlten zunehmend auch Kenntnisse über Eigenheiten der Anlagen, die bei der Inbetriebnahme gewonnen wurden. Das könne ebenfalls zu Fehlern führen.

In Krümmel und Brunsbüttel war es jüngst zu Störungen gekommen. Sailer ist dem Blatt zufolge Mitglied in der Reaktorsicherheitskommission des Bundes.

"Schlechte Sicherheitskultur"

Bremens Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) wirft dem Energiekonzern Vattenfall nach den Pannen in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel eine "schlechte Sicherheitskultur" vor. Loske verwies am Dienstag im Deutschlandfunk auf eine "lange Kette" von Störfällen bei Vattenfall. 2001 habe es eine Rohrexplosion in Brunsbüttel gegeben, 2006 einen Zwischenfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark I, wo nach einem Kurzschluss Teile der Notstromversorgung versagt hätten.

Loske forderte eine transparente Informationspolitik. Sobald ein Störfall vorliege, müsse die Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt werden. Dies sei bei Vattenfall in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen, kritisierte der Grünen-Politiker.

Einen gesetzlichen Änderungsbedarf, um Zwischenfälle vermeiden zu können, sah der Umweltsenator nicht "vorrangig". Es gebe bereits die Möglichkeit, dem Betreiber bei Zweifeln die Lizenz zu entziehen.

Schwedischer Atom-Ingenieur kritisiert Deutschland

Der frühere Chefingenieur des schwedischen Atomkraftwerks Forsmark, Lars Olov Höglund, hat im ARD-Morgenmagazin die deutsche Atompolitik kritisiert. Seit mehr als 20 Jahren sei nicht mehr in die Atomkraftwerke investiert worden, sagte er angesichts der Störfälle in den deutschen Vattenfall-Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel.

Dadurch verschwinde "automatisch die nötige Kompetenz", sagte Höglund. Das sei offenbar auch in Krümmel und Brunsbüttel so. Die Geschäftsleitung habe offenbar nicht den Sachverstand, um zu entscheiden, was wichtig und was unwichtig ist.

(afp)
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