US-Immobilienmarkt Europas Banken droht neues Fiasko

Frankfurt (RPO). Die europäischen Banken haben die Finanzkrise gerade erst halbwegs verdaut, da rollt aus den USA die nächste Welle an Belastungen auf sie zu: Abschreibungen auf gewerbliche Immobilienfinanzierungen und Kreditausfälle in Milliardenhöhe.

Deutsche Banken und die US-Immobilienkrise
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Foto: ddp

Mit den Bankkrediten im Rücken haben Investoren Gewerbeimmobilien in Boomzeiten zu überhöhten Preisen gekauft. In der Wirtschaftskrise ist nun die Abwärtsspirale in vollem Gange: Büros und Ladenflächen sind weniger gefragt, Objekte verlieren an Wert, Mieten sinken. Viele Kredite sind "unter Wasser" - die Immobilie ist weniger wert als der Kreditbetrag. Das alles engt die Finanzspielräume der Immobilienbesitzer gerade zu einer Zeit ein, in der sie viele Kredite refinanzieren müssen. Das wiederum bringt die Gläubiger - die Banken - in die Bredouille.

"Das Thema gewerbliche Immobilienfinanzierungen hängt wie ein Damoklesschwert über der Branche", sagt Unicredit-Analyst Markus Ernst. "Wenn es da zu weiteren Ausfällen kommt, wird das die Bilanzen der europäischen Banken zusätzlich schwächen." Konrad Becker von Merck Finck warnt: "Die Belastungen aus den gewerblichen Immobilienfinanzierungen könnten bei einzelnen Banken in Deutschland mit denen aus der Subprime-Krise verglichen werden."

Kredite in Höhe von 1,5 Billionen Dollar

Einer Unicredit-Studie zufolge haben Europas Banken insgesamt 1,5 Billionen Dollar solcher Kredite in den Büchern, viel davon im US-Markt. Wieviel wirklich gefährdet ist, lässt sich nur erahnen. In einem Bericht an den US-Kongress hieß es unlängst, den Banken weltweit drohten Verluste von bis zu 300 Milliarden Dollar.

In diesem und im nächsten Jahr stehen viele Kreditverlängerungen an. Problematisch ist, dass Kredite für Gewerbeimmobilien oft erst am Ende der Laufzeit auf einen Schlag getilgt oder verlängert werden. Damit sitzen die Banken auf einem Sprengsatz. Einige Gläubiger lassen sich auf Stillhalteabkommen ein, in der Hoffnung auf eine Markterholung. Danach sieht es in den USA im Moment aber nicht aus. Das Problem wird also nur ausgesessen.

Ganz unübersichtlich wird es selbst für Experten, wenn Banken ihr Engagement am Kapitalmarkt platzieren, wie es etwa die Deutsche Bank mit CMBS gemacht hat - Schuldpapieren, die mit Gewerbeimmobilien besichert sind. Das erinnert frappierend an den Beginn der Hypothekenkrise auf dem US-Eigenheimmarkt 2007.

Unter den deutschen Instituten rücken erneut die klassischen Immobilienfinanzierer in den Mittelpunkt. So hatte etwa die mit Milliardenhilfen vor der Pleite gerettete HRE Ende September ein Immobilienportfolio von 60 Milliarden Euro, wovon rund sechs Milliarden auf die USA entfielen. Allerdings ging ein Drittel der Kreditrisikovorsorge auf die USA zurück - und war damit überproportional hoch. "Das Marktumfeld bleibt schwierig", erklärte HRE-Chef Axel Wieandt damals. Weitere Belastungen durch faule Kredite sind eingeplant.

Vorsorge für faule Kredite angeschwollen

Ähnliche Töne kommen von der Commerzbank, die über ihre verlustreiche Tochter Eurohypo stark in gewerblichen Immobilienkrediten engagiert ist. "Die USA sind der schwierigste Markt. Da ist es erst 2009 so richtig losgegangen, hier ist keine kurzfristige Erholung in Sicht", sagte Eurohypo-Chef Frank Pörschke kürzlich. Die Immobilienkrise, die auch in Spanien und Großbritannien schwelt, ließ die Vorsorge für faule Kredite 2009 um 37 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro anschwellen.

Auch die Postbank schraubte ihre Vorsorge 2009 wegen drohender Ausfälle bei gewerblichen Immobilienkrediten in den USA um rund ein Drittel auf knapp 680 Millionen Euro nach oben und sieht so schnell keine Entspannung. Per Ende 2009 hatte das Institut im Ausland gewerbliche Immobilienfinanzierungen im Volumen von rund sechs Milliarden Euro in den Büchern, die Hälfte davon in den USA.

Experten sind grundsätzlich skeptisch, ob die Vorsichtsmaßnahmen der Institute reichen. "Der gewerbliche Immobilienbereich wird bei den deutschen Banken auch 2010 zu erheblichen Wertberichtigungen führen", ist sich Fitch-Analyst Michael Dawson-Kropf sicher. Merck-Finck-Analyst Becker sagt, im Zweifelsfall sollten die Banken großzügig abschreiben und bei kritischen Projekten den Stecker ziehen. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende."

(RTR/das)
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