Schrumpfende Nachfrage Euro-Krise trifft deutsche Exporte

Düsseldorf · Die Ratingagentur Fitch bestätigte zwar gestern die exzellente Bewertung von Deutschlands Finanzkraft. Doch gleichzeitig häufen sich Schwächezeichen der Wirtschaft: Exporte in die Eurozone gingen im Juni zurück, die Produktion ebenfalls, ein Verband senkt seine Prognose.

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Foto: APN

Deutschland kann sich immer schwerer von der allgemeinen Euro-Krise abkoppeln und gilt trotzdem als äußerst solide und finanzkräftig. Gleichzeitig profitieren viele Unternehmen wie Henkel, Deutsche Post DHL oder auch Bayer sowie Tausende Mittelständler von ihrer globalen Präsenz. Dieses Bild ergeben in diesen Tagen vorgelegte Zahlen einiger Unternehmen sowie neue Statistiken und Prognosen zur Wirtschaftslage.

Bestnote bestätigt

Zur Finanzlage: Die Ratingagentur Fitch hat gestern die Kreditwürdigkeit Deutschlands mit der Bestnote bestätigt. Die Bonität Deutschlands werde weiterhin mit "AAA" bewertet, teilte Fitch in London mit. Es drohe keine Herabstufung. Der Ausblick bleibe stabil. Fitch sieht durch die Krise in der Eurozone aber auch Gefahren für Deutschland.

Eine tiefe Rezession bei den großen Handelspartnern in Europa könne Deutschlands Wirtschaft auf Schrumpfkurs zwingen. Doch vorerst zeigt sich, dass die Anleger Deutschland vertrauen: Bei der Versteigerung einer 10-jährigen Bundesanleihe musste das Finanzministerium gestern nur eine Rendite von 1,4 Prozent anbieten — 3,4 Milliarden Euro kamen so in die Kasse.

Für einen Abschwung gibt es bereits erste Anzeichen. Die deutsche Wirtschaft spürt wegen der Schuldenkrise und der Rezession in vielen Euro-Ländern Gegenwind.

Weniger Exporte

Die Exporteure verkauften wegen der sinkenden Nachfrage aus der kriselnden Euro-Zone 1,5 Prozent weniger ins Ausland als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Das war der zweite Rückgang in diesem Jahr. Im Mai hatte es noch ein kräftiges Plus von 4,2 Prozent gegeben. "Der Schlamassel in der Euro-Zone macht unseren Unternehmen zu schaffen", bekräftigte der Experte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ilja Nothnagel. "Das können die robusten Geschäfte mit den Schwellenländern nicht ausgleichen."

Viele Unternehmen fahren wegen der schrumpfenden Nachfrage ihre Produktion herunter. Sie stellten 0,9 Prozent weniger her als im Vormonat. Im zweiten Quartal sank die Produktion damit um 0,2 Prozent im Vergleich zum Jahresbeginn. Rasche Besserung ist nicht in Sicht: Die Industrie sammelte im Juni 1,7 Prozent weniger Aufträge ein. Die Bestellungen fielen damit so stark wie seit November 2011 nicht mehr.

Der Exportverband BGA senkte auch deshalb seine Prognose für 2012. Sein Präsident Anton Börner rechnet nur noch mit einem Wachstum von gut vier Prozent. Bislang wurde ein Plus von mindestens sechs Prozent erwartet, doch bereitet die Entwicklung in Europa große Sorgen. "So sanken die Auftragseingänge aus der Euro-Zone jüngst um knapp 20 Prozent", begründete Börner. Dafür laufe es in den USA und den Schwellenländern recht gut.

In wichtigen Eurostaaten wächst dagegen der Pessimismus. Die französische Zentralbank rechnet damit, dass das Euroland in die Rezession rutscht. Wie die Banque de France mitteilte, dürfte das Bruttoinlandsprodukt nach vorläufigen Zahlen im dritten Quartal um 0,1 Prozent zurückgehen. Da die Bank für das zweite Quartal einen Rückgang in derselben Höhe prognostizierte, würde die französische Wirtschaft zwei aufeinanderfolgende Quartale schrumpfen und befände sich demnach in einer Rezession.

Auch Spanien schwächelt zunehmend. Im Juni ist die Industrieproduktion des Landes stärker eingebrochen als befürchtet. Das spanische Statistikamt meldete einen Juni-Rückgang von 6,3 Prozent zum Vorjahr. Volkswirte hatten zuvor einen Einbruch um 6,2 Prozent erwartet.

Damit setzt sich die Krise in der spanischen Industrie weiter fort. Bereits im Vormonat war die Industrieproduktion den Angaben zufolge um revidiert 6,5 Prozent (zuvor 6,1 Prozent) zurückgefallen. Im April war der Einbruch mit 8,3 Prozent zum Vorjahr noch heftiger ausgefallen. Die spanische Industrieproduktion ist seit Februar 2011 nicht mehr gewachsen.

Italien meldete bereits am Dienstag einen Einbruch der Produktion. Regierungschef Mario Monti setzte dessen ungeachtet ein 26 Milliarden Euro hohes Sparpaket im Parlament durch.

(RP/csi)
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