Neue Richtlinie EU will Firmen zur Veröffentlichung sensibler Daten zwingen

Berlin · Mittelständler laufen Sturm gegen die geplante Richtlinie. Doch die Bundesregierung kann die neuen Regeln kaum noch verhindern.

 Eine geplante EU-Richtlinie ärgert den deutschen Mittelstand.

Eine geplante EU-Richtlinie ärgert den deutschen Mittelstand.

Foto: dpa, zk jak jai

Auf die EU-Kommission sind viele größere deutsche Mittelständler gerade nicht besonders gut zu sprechen. Denn die Brüsseler Behörde will alle größeren europäischen Unternehmen mit einer neuen EU-Richtlinie zwingen, auf ihrer Homepage sensible Firmendaten ins Internet zu stellen, zu deren Veröffentlichung die meisten Mittelständler in Deutschland bisher nicht verpflichtet sind. Dazu gehören beispielsweise der jährliche Vorsteuergewinn, die zu zahlende Ertragsteuer in allen Ländern, in denen die Unternehmen Niederlassungen haben, und der einbehaltene Gewinn. Würde das umgesetzt, hätten Konkurrenten in aller Welt leicht Zugang zu bisher vertraulichen Geschäftsinterna, warnt die Stiftung Familienunternehmen in einem noch unveröffentlichten Positionspapier: "Damit würden Wettbewerber gestärkt und europäische Arbeitsplätze gefährdet."

Von der Veröffentlichungspflicht erhofft sich die EU-Kommission, dass sie einen Beitrag leistet im erklärten Kampf der Industrieländer gegen die Steuervermeidungstricks multinationaler Unternehmen. Wenn die Firmen diese Daten veröffentlichen müssen, können sie weniger vertuschen, so die Hoffnung. Finanzbehörden, Medien und andere hätten einen besseren Einblick in Dinge, die bisher geheim sind.

Für den deutschen Mittelstand würde die Regel jedoch einen Kulturwandel bedeuten. Über 90 Prozent aller deutschen Unternehmen sind Personengesellschaften, die bisher keiner Veröffentlichungspflicht unterliegen. Die Richtlinie trifft zwar auch Kapitalgesellschaften, doch sind die ohnehin zur Offenlegung vieler Daten verpflichtet. Von den EU-Plänen betroffen sind bislang nur Unternehmen mit einem Konzernnettoumsatz über 750 Millionen Euro im Jahr. Das sind nach Angaben der Stiftung bundesweit etwa 150 größere Familienunternehmen, darunter 74 in NRW. Allerdings könnte das EU-Parlament die Schwelle noch deutlich senken.

Die Bundesregierung hat sich gegen die EU-Pläne gestellt und sie auch nicht in ein Gesetz geschrieben, das sie unlängst zur Bekämpfung von Konzernsteuertricks verabschiedet hat. Doch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist im EU-Ministerrat in der Minderheit, Frankreich und Italien sind für die Pläne. Sie könnten im Rat noch dieses Jahr mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Auch im EU-Parlament, das sie abnicken muss, ist Deutschland in der Defensive.

Berlin hätte mit einer förmlichen Rüge protestieren können, doch dafür ließ es jetzt die Frist verstreichen. Rainer Kirchdörfer, Chef der Stiftung Familienunternehmen, forderte Berlin auf, politisch mehr Druck zu machen. "Die Bundesregierung darf nicht zulassen, dass Firmen im internationalen Wettbewerb durch EU-Regelungen geschwächt werden", so Kirchdörfer.

(mar)
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