Versicherer in der Krise Ergo fährt seine Ziele drastisch zurück
Düsseldorf (RP). Der Ergo-Konzern kommt nicht zur Ruhe. In der Belegschaft von Deutschlands zweitgrößtem Erstversicherer rumort es kräftig wegen der Stellenabbau-Pläne, die am Dienstag bei der Vorstandssitzung beschlossen werden sollen.
Und jetzt muss das zur Münchener Rück gehörende Unternehmen ebenso wie die Muttergesellschaft ihre Gewinnziele für das laufende Jahr drastisch zurückfahren, nachdem das Ergebnis in den ersten sechs Monaten voraussichtlich um ein Drittel auf 269 Millionen Euro eingebrochen ist. Die offiziellen Halbjahreszahlen veröffentlicht Ergo am 6. August.
Auf 320 Millionen bis 380 Millionen Euro beziffert Ergo nunmehr seine Erwartungen an das Jahresergebnis. Diese Zahl bleibt noch einmal um bis zu 20 Prozent hinter der Untergrenze zurück, die Ergo bisher verkündet hatte. Zwischen 480 Millionen und 600 Millionen Gewinn hatte Vorstandschef Torsten Oletzky im März vorausgesagt.
Mit seiner Mitteilung von gestern reagiert Ergo nach eigenen Angaben "auf die anhaltend schlechte Kapitalmarktsituation”. Die bisherige Prognose sei unter Berücksichtigung einer normalen Kapitalmarktentwicklung gemacht worden. Wie viel der Versicherer bei der eigenen Geldanlage verloren wird, bleibt offen. Zum Vergleich: Der Dax ist zwischen Januar und Juni von rund 8100 auf etwas mehr als 6400 Punkte gefallen. Das entspricht einem Minus von 20 Prozent.
Trotz der neuerlichen Hiobsbotschaften hält Oletzky an seinen langfristigen Zielen fest. Rund 900 Millionen Euro Gewinn sollen es 2012 sein, aber auch diese Perspektive berücksichtigt keine außergewöhnlichen Szenarien am Kapitalmarkt. Und es geht davon aus, dass Ergo 200 Millionen Euro einsparen kann.
Um dies zu schaffen, muss der Versicherer kräftig Stellen abbauen mindestens 800, wie die Ergo-Spitze intern schon eingeräumt hat, bis zu 2800 Vollzeitstellen, wie die Gewerkschaft Verdi fürchtet. Und diese 2800 Vollzeitstellen entsprechen nach Informationen unserer Zeitung rund 4000 Arbeitsplätzen. Dem Vernehmen nach sind diese Pläne das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting, die Ergo in Sachen Effizienz auf Herz und Nieren geprüft habe.
Um seine Ziele zu erreichen, müsste sich der Versicherer auch auf der Einnahmenseite deutlich verbessern. Interne Berechnungen haben offenbar ergeben, dass der Konzern im Lebensversicherungsgeschäft 5,7 Prozent und in der Kompositversicherung 1,8 Prozent zulegen müsste, um wie erhofft den Marktdurchschnitt zu übertreffen und somit Marktanteile zurückzugewinnen. Davon ist Ergo zumindest in der Lebensversicherungssparte (hier gingen die Beitragseinnahmen 2007 um ein halbes Prozent zurück) weit entfernt.
Auch die Konzernmutter Münchener Rück ist von den Börsenturbulenzen schwer getroffen worden. Der Rückversicherer senkte überraschend seine Gewinnprognose für 2008 mit dem Ergebnis, dass der Aktienkurs um mehr als zehn Prozent einbrach. Der Konzern rechnet im laufenden Jahr nur noch mit einem Gewinn von "deutlich” mehr als zwei Milliarden Euro, nachdem bisher 3,0 Milliarden bis 3,4 Milliarden angepeilt worden waren. Im vergangenen Jahr hatte die Münchener Rück - begünstigt von Sondereffekten - noch einen Rekordgewinn von rund 3,9 Milliarden Euro eingefahren.