Berlin Atomriesen sollen Rückstellungen abgeben

Berlin · Eon will das Atomgeschäft abspalten. Der Chef der Endlagerkommission fordert, die Milliarden-Rückstellungen in die öffentliche Hand zu überführen. So soll das Geld vor Insolvenz und Heuschrecken gesichert werden.

E.on: Atomriesen sollen Rückstellungen abgeben
Foto: dpa, tha vbm wst

Eons spektakuläre Abspaltung des Atomgeschäftes heizt den Streit um die Verschrottung der Atommeiler an. "Der Fall Eon zeigt, dass wir dringend eine Lösung für den Meiler-Rückbau brauchen. Um die Atom-Rückstellungen insolvenzsicher zu machen, wäre eine Überführung in die öffentliche Hand sinnvoll", sagte Michael Müller, Vorsitzender der Endlager-Kommission, unserer Redaktion.

Der Staat soll demnach die Gelder treuhänderisch verwalten, die Unternehmen müssten gleichwohl für den Rückbau zuständig bleiben. "Wir dürfen Eon und die anderen AKW-Betreiber nicht aus der Verantwortung entlassen." Ähnlich äußerte sich Gerda Hasselfeldt, die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Es könne nicht gehen, dass die Gewinne privatisiert und die Lasten sozialisiert werden. Die Politiker fürchten, dass sich Eon mit der Abspaltung vor der Verantwortung für den Rückbau und die Verschrottung der Atomkraftwerke drücken will.

Wie viel braucht man für den Rückbau der Meiler? Schon das ist umstritten. Die Atomkraft-Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall haben bislang 36 Milliarden Euro zurückgestellt. Organisationen wie das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft halten das für zu wenig und veranschlagen bis zu 67 Milliarden. Endlager-Kommissions-Chef Müller fordert: "Der Staat muss endlich Klarheit darüber gewinnen, wie viel Kosten beim Rückbau wirklich anfallen werden." Das Bundeswirtschaftsministerium hat nun ein Gutachten zu dieser Frage in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse noch vor Weihnachten veröffentlicht werden sollen.

Wie sicher sind die Rückstellungen? Weniger sicher, als die Wirtschaft gerne behauptet. Die Unternehmen haben die Rückstellungen nicht bar im Tresor liegen, sondern in Vermögenswerten wie Stromnetze und Kraftwerke gebunden. Doch just auf Kohle- und Gas-Kraftwerke, die wegen des Ökostrom-Booms immer weniger laufen, müssen die Versorger immer neue Abschreibungen vornehmen. Zudem will Eon seine Netze nicht mal in das neue, von vielen "Bad Bank" genannte Unternehmen stecken, sondern behalten. Was aber, wenn die Bad Bank von Investoren oder Heuschrecken gekauft wird, die sie zerlegten? Was, wenn ein Versorger pleitegeht? Das ist nicht ausgeschlossen, im Sommer hatten die Stadtwerke Gera Insolvenz angemeldet.

Wie soll die Atomstiftung aussehen? Das hängt davon ab, wen man fragt. Die Unternehmen würden die Rückstellungen in eine Stiftung geben, wenn sie im Gegenzug auch die Verantwortung für Rückbau und Verschrottung los wären. Michael Müller, Grüne und Umweltministerium wollen den Konzernen dagegen nur die Gelder abnehmen. Ein entsprechender Passus hatte schon im Entwurf des schwarz-roten Koalitionsvertrags gestanden. Den strichen Industriepolitiker dann wieder heraus. Denn sonst wären die ohnehin Not leidenden Konzerne zum Verkauf von Tafelsilber gezwungen, ihre Krise würde schärfer.

Was sagt Eon? Der Düsseldorfer Konzern wundert sich über das Misstrauen, das ihm in der Politik entgegenschlägt. "Bei der Abspaltung einer neuen Gesellschaft geht es nicht um die Rückstellungen für den Rückbau und die Entsorgung der Kernenergie. Die werden auch in der neuen Gesellschaft in vollem Umfang abgedeckt", sagte Eon-Chef Johannes Teyssen in Berlin. "Den Weg zu künftig zwei getrennten Gesellschaften schlagen wir ein, weil die klassische und die neue Energiewelt ganz unterschiedliche Anforderungen stellen."

(jd)
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