Produktionsverlagerung nach Polen Electrolux schließt Nürnberger AEG-Werk

Nürnberg (rpo). Das Nürnberger AEG-Werk wird geschlossen. Trotz den Protesten und der Kompromissbereitschaft der Beschäftigten wird das Unternehmen die Produktion nach Polen verlagern. Von den 2.000 Mitarbeitern sollen rund 1.750 entlassen werden.

Das Management des Mutterkonzerns Electrolux begründete den Schritt gegenüber der empörten Belegschaft am Montag mit dem hohen Kostendruck in der Haushaltsgeräte-Branche. Die IG Metall kündigte einen unbefristen Streik und Boykottaufrufe gegen Konzern-Produkte an.

Electrolux-Vorstand Johan Bygge sagte, die in Deutschland produzierten Haushaltsgeräte seien wegen des starken Preisverfalls in der Hausgerätebranche nicht mehr wettbewerbsfähig. "Electrolux macht mit jeder Waschmaschine aus Nürnberg, die in Deutschland verkauft wird, 60 Euro Verlust, bei den Geschirrspülern sind es 45 Euro", rechnete der schwedische Manager vor.

"Die Kunden sind nicht mehr bereit, mehr für ein Produkt zu bezahlen, nur weil es in einem bestimmten Land hergestellt worden ist", fügte Bygge hinzu. Die Branche stehe vor ähnlich harten Umwälzungen wie in der Unterhaltungselektronik in den achtziger Jahren: "Wer den Wandel verschläft, überlebt nicht", betonte der Schwede.

Die Belegschaft reagierte dagegen mit wütendem Protest. Als der zuständige Electrolux-Vorstand für die Europa-Produktion, Horst Winkler, die Nachricht offiziell auf einer Belegschaftsversammlung überbringen wollte, wurde er von aufgebrachten Mitarbeitern verjagt. Nach Angaben von Teilnehmern konnte der angereiste Manager nur: "Es tut mir Leid" sagen und musste daraufhin unter dem lauten Proteststurm fluchtartig den Saal verlassen.

Die IG-Metall kündigte scharfe Maßnahmen gegen die Schließung der Produktion an. "Wir werden Electrolux in den nächsten Monaten ordentlich verprügeln", sagte der Nürnberger IG-Metall-Vizechef Jürgen Wechsler unter lautem Beifall der Belegschaft. Die Gewerkschaft werde zum Boykott von Electrolux-Geräten aufrufen. Nach einer Urabstimmung wollen die AEG-Beschäftigten ab Januar unbefristet ihre Arbeit niederlegen.

Auch zahlreiche Zuliefer-Betriebe seien von der Produktionsschließung betroffen. "Hier werden tausende Existenzen vernichtet", sagte Wechsler. Auch der bayerische DGB-Chef Fritz Schösser kritisierte, der Konzern baue seine Produktion ausgerechnet dort ab, wo noch Kaufkraft für seine Produkte bestehe. Mit der Verlagerung nach Polen würden gezielt die Menschen gegeneinander ausgespielt.

1.000 Entlassungen bereits 2006

Nach Angaben des Electrolux-Managements werden 1.000 Mitarbeiter bis Ende kommenden Jahres entlassen, der Rest bis Ende 2007. Lediglich 250 der bislang 2.000 Mitarbeiter sollen im Service- und Entwicklungsbereich am Standort Nürnberg weiter beschäftigt bleiben. Electrolux kalkuliert mit Schließungskosten von rund 230 Millionen Euro. Bereits im Laufe der Woche sollen die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern über einen Sozialplan beginnen.

Nachdem Electrolux-Chef Hans Straberg bereits im Sommer angekündigt hatte, die Produktion aus Kostengründen nach Polen zu verlagern, versuchten die Arbeitnehmer-Vertreter mit umfangreichen Zugeständnissen eine Schließung abzuwenden. So erklärte sich die Belegschaft im Gegenzug für eine Standort-Garantie mit einem Abbau von 770 Arbeitsplätzen und Gehaltskürzungen einverstanden, um jährlich zehn Millionen Euro einzusparen.

(ap)
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