Bundesverfassungsgericht Einkommensteuer auf Grundstücksverkauf zum Teil verfassungswidrig

Karlsruhe (RPO). Das Bundesverfassungsgericht hat rückwirkende Regelungen im Steuerentlastungsgesetz von 1999 für teilweise verfassungswidrig erklärt. Dies betrifft zum einen die Verlängerung der Spekulationsfrist bei privaten Grundstücksverkäufen, zum anderen die Veräußerung von privaten Kapitalanteilen und schließlich die Besteuerung von Abfindungen, wie das Karlsruher Gericht am Donnerstag mitteilte.

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Foto: AP

Die Gewinne aus Grundstücksgeschäften unterlagen nach der bis Ende 1998 geltenden Rechtslage der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als zwei Jahre betrug. Man spricht in diesen Fällen von Spekulationsgeschäften. Nach dem Regierungswechsel wurde die Frist so verlängert, so dass die Einnahmen erst dann steuerfrei blieben, wenn zwischen Kauf und Verkauf mehr als zehn Jahre lagen.

Das Bundesverfassungsgericht beanstandet, dass die neue Frist rückwirkend auch auf bereits erworbene Grundstücke bezogen wurde. Diese Durchbrechung des Vertrauens in die alte Rechtslage sei nicht durch das Interesse des Fiskus an höheren Steuereinnahmen gedeckt.

Private Veräußerungen von Kapitalanteilen

Der Zweite Senat erklärte auch die Erhebung der Einkommensteuer auf private Veräußerungen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft für teilweise verfassungswidrig. Die Gewinne daraus unterlagen nach der bis Ende 1998 geltenden Rechtslage als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb der Einkommensteuer, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu mehr als 25 Prozent an dem Unternehmen beteiligt war.

Diese Beteiligungsgrenze wurde nach dem Regierungswechsel auf 10 Prozent abgesenkt und bezog wiederum Beteiligungsverhältnisse ein, die bereits vor 1999 begründet worden waren. Auch hier hielt das Verfassungsgericht die Rückwirkung für unzumutbar. Wertzuwächse, die vor 1999 eintraten, dürfen daher steuerlich nicht berücksichtigt werden.

Besteuerung von Abfindungen

In der dritten Entscheidung ging es um die Besteuerung von "außerordentlichen" Einkünften, etwa die Abfindung bei Auflösung eines Vertragsverhältnisses. Da hier große Summen auf einen Schlag zu versteuern sind, wäre hier eigentlich ein besonders hoher Steuersatz anzuwenden. Diese Folge gilt aber als unerwünscht, da sich in der Abfindung die Leistungsfähigkeit mehrerer Jahre widerspiegelt.

Bis Ende 1998 wurden solche außerordentlichen Einkünfte deshalb nur mit dem halben Steuersatz besteuert. Nach dem Regierungswechsel wurde die Besteuerung verschärft. Nach der "Fünftel-Regelung" wurden Abfindungen nun so versteuert, als wäre die Summe binnen fünf Jahren jeweils zu einem Fünftel eingenommen worden. Dies erhöhte die Steuerlast vor allem für extrem hohe Abfindungen, die nun trotz der Fünftelung noch jeweils mit dem Spitzensteuersatz zu besteuern waren. In den entschiedenden Fällen stieg die Steuerlast um bis zu 62.000 Mark (32.240 Euro).

Auch hier beanstandete das Verfassungsgericht nicht die Neuregelung an sich, sondern nur deren Erstreckung auf Abfindungen, die bereits vor November 1998 vereinbart worden waren. Im November 1998 wurde der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, ab diesem Zeitpunkt mussten die Betroffenen mit einer Neuregelung rechnen und konnten sich nicht mehr auf ihren Vertrauensschutz berufen, so die Richter.

(apd)
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