Schlichtung bringt Grundsatzeinigung Edeka soll Kaiser's-Filialen in NRW erhalten

Berlin/Hannover · Altkanzler Schröder hat eine Grundsatzeinigung erreicht: Die Schließung der Kaiser's-Märkte ist vom Tisch, 15.000 Jobs müssen für sieben Jahre erhalten bleiben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Einigung.

 Am Freitag wurde die Einigung im Schlichtungsverfahren unter Schlichter Gerhard Schröder verkündet.

Am Freitag wurde die Einigung im Schlichtungsverfahren unter Schlichter Gerhard Schröder verkündet.

Foto: dpa, obe jai

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kam fast eine Stunde zu spät zur Pressekonferenz ins Ministerium, er wirkte außer Atem. Für diese Botschaft wollte er aber kurz vor seinem Abflug nach China doch noch persönlich vor die Kameras treten: Im Streit um die angeschlagene Supermarktkette Kaiser's Tengelmann ist dem Schlichter Gerhard Schröder ein Durchbruch gelungen.

Wer hat verhandelt?

Am Freitagvormittag hatte der Altkanzler in Hannover mit den Unternehmens-Chefs Karl-Erivan Haub (Tengelmann), Alain Caparros (Rewe) und Markus Mosa (Edeka) in Hannover verhandelt und sich auf ein einseitiges Eckpunkte-Papier verständigt.

Was sieht der Kompromiss vor?

Rewe soll bis zum 11. November seine Klage gegen die Ministererlaubnis zurückziehen, mit der Gabriel die Übernahme der Kaiser's-Märkte durch Edeka erlauben und sich über ein Verbot des Kartellamtes hinwegsetzen will. Im Gegenzug soll Tengelmann einen Teil seiner Berliner Filialen an Rewe abtreten und zwar mit einem Umsatz von 20 Prozent des Deutschland-Umsatzes von Kaiser's, wie es in Branchenkreisen heißt.

Die Tengelmann-Filialen in Bayern sollen alle an Edeka gehen. Was mit den Filialen in Nordrhein-Westfalen passiert, muss — wie andere Fragen — noch verhandelt werden. Der Großteil der 97 Märkte an Rhein und Ruhr, die Lager und die Verwaltung in Mülheim sollen an Edeka gehen, Rewe könnte noch einzelne Märkte bekommen, heißt es in Branchenkreisen. Die Zeit drängt: Am 16. November will das Oberlandesgericht Düsseldorf über die Ministererlaubnis entscheiden. Doch wenn nach Norma und Markant auch Rewe seine Klage zurückzieht, wird das Verfahren hinfällig.

Folgen für die Beschäftigten?

Gabriel gab sich zufrieden: Für mehr als 15.000 Beschäftigte gebe es nun gesicherte Arbeitsplätze, sagte er. Sieben Jahre lang sollen ihre Jobs erhalten bleiben, so steht es im Beipackzettel seiner Ministererlaubnis. "Der Einsatz und die Arbeit haben sich gelohnt." Die Beschäftigten könnten ein gutes Weihnachtsfest feiern. "Ich gehe nicht davon aus, dass es noch irgendeinen Stolperstein geben kann", sagte Gabriel. Auch der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, der mit Gabriel vor die Kameras trat, lobte die Einigung. Es sei ein sehr guter Tag für die Beschäftigten. Die Einigung könne auf dem Boden der Ministererlaubnis vollzogen werden.

Folgen für die Märkte?

Wenn alles wie geplant läuft, kann Karl-Erivan Haub seine angeschlagene Kette verkaufen. Die von ihm angedrohte Zerschlagung und Schließung von Dutzenden Märkten ist damit vom Tisch. Das wurde im Unternehmen bestätigt. Damit können Kunden aufatmen, die bereits um ihren Kaiser's nebenan bangten.

Kann der Kompromiss scheitern?

Ja, viele Fragen sind noch ungeklärt. "Jetzt kommen die Mühe der Ebenen: Welche Filialen bekommt Rewe in Berlin? Wie hoch ist der Kaufpreis, den Edeka und Rewe zahlen müssen? Was passiert im Einzelnen in NRW?", heißt es in Branchenkreisen weiter. Daran könne der Deal noch immer scheitern, auch wenn alle Beteiligten an einer Einigung interessiert seien.

Auch das Kartellamt hat ein gewichtiges Wort mitzureden. "Das Kartellamt ist nicht Partei des Schlichtungsverfahrens, es stand den Unternehmen jedoch in den vergangenen Tagen für kartellrechtliche Fragen zur Verfügung. Einzelheiten können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren", sagte der Behörden-Sprecher.

Reaktionen der Politik?

Die Union reagierte skeptisch. "Ich hoffe sehr, dass die betroffenen Arbeitnehmer jetzt Planungssicherheit bekommen", sagte Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU). Das gesamte Verfahren sei "natürlich alles andere als optimal" gewesen, so der CDU-Wirtschaftspolitiker. Die Sprecherin für Wettbewerbspolitik in der Grünen-Fraktion, Katharina Dröge, sagte: "Gabriel hat das Verfahren von Anfang an schlecht gemanagt und damit viele Jobs gefährdet." Die Einigung müsse so ausgestaltet sein, dass auch langfristig Arbeitsplätze erhalten bleiben.

(anh)
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