Pro Jahr geben 5500 Firmen auf DIHK warnt vor zunehmendem Firmensterben

Berlin · Weil Gründer keinen Nachfolger finden, gehen Zehntausende Arbeitsplätze verloren. Der Industrie- und Handelskammertag ist besorgt.

Jedes Jahr müssen nach einer aktuellen Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) 5500 Unternehmen in Deutschland schließen, weil die Firmeneigentümer keine Nachfolger mehr finden.

Dadurch gingen jährlich 32.000 Arbeitsplätze verloren, ermittelte der DIHK auf der Basis von aktuellen Daten des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung. "Die Unternehmensnachfolge wird zu einer immer größeren Herausforderung für den Mittelstand", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer unserer Redaktion.

Die generelle Alterung der Gesellschaft, eine wachsende Angst vor der Selbstständigkeit sowie politische und rechtliche Unsicherheiten in der Steuerpolitik führen aus Sicht der Dachorganisation der 80 Industrie- und Handelskammern zu einem alarmierenden Firmensterben.

Auch die Zahl der Existenzgründungen ging im vergangenen Jahr deutlich spürbar um mehr als 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Im Jahr 2050, warnte unlängst das industrienahe Kölner Institut der deutschen Wirtschaft, werde die Zahl der 3,6 Millionen deutschen Unternehmen um etwa eine Million gesunken sein.

Die Zahl der Unternehmer, die ihren Betrieb aus Altersgründen abgeben müssten, nehme kontinuierlich zu, während sich gleichzeitig immer weniger potenzielle Nachfolger fänden, warnte Schweitzer. Zudem nehme auch die Bereitschaft ab, ein Unternehmen zu führen. "In Deutschland gibt es ein recht ausgeprägtes Bedürfnis nach Sicherheit. Das hält viele qualifizierte Fachkräfte vom Schritt in die Selbstständigkeit ab", sagte der DIHK-Chef. "Sie ziehen häufig eine gut dotierte Beschäftigung als Arbeitnehmer vor."

Vier von zehn betroffenen Unternehmen hätten Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden, heißt es in einem aktuellen DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge. Als Gründe dafür nennen die Industrie- und Handelskammern Finanzierungsprobleme der Interessenten, die zu späte Vorbereitung einer Nachfolgeregelung, zu hohe Kaufpreisvorstellungen der Alt-Unternehmer, aber auch ein zu geringes Interesse und mangelnde Qualifikationen bei den möglichen Nachfolgern.

"Viele angehende Neu-Inhaber glauben, sie gründeten im ,gemachten Nest'", sagte Schweitzer. "Oftmals aber muss ein neuer Kapitän ein altes Schiff auf einen anderen Kurs bringen und dabei die Mannschaft mitnehmen und anspornen." Das erfordere Fingerspitzengefühl und Führungsqualität.

Aus Sicht des DIHK-Präsidenten tragen die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen zur Verunsicherung im Mittelstand bei. Rot-Grün will die Einkommen- und die Erbschaftsteuer anheben. Zudem steht im Herbst ein Verfassungsurteil über die bisherige Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer gegenüber anderem Vermögen an.

Ein Viertel der Unternehmen, die sich bei den IHKs beraten ließen, sehen durch die steuerpolitischen Unsicherheiten den Übergang auf die nächste Generation gefährdet, so der DIHK. "Sollte es zu höheren Steuerbelastungen kommen, stünden rund 18.000 Unternehmen mit bis zu 100.000 Arbeitsplätzen auf der Kippe — und das in jedem Jahr", warnte Schweitzer.

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort