Kultusminister wollen Abitur über Lehre stellen DIHK kritisiert unrealistischen Blick auf Arbeitsmarkt

Berlin (RP). Die Kultusminister der Länder stoßen mit ihrer Entscheidung, das Abitur als Bildungsabschluss höher zu bewerten als eine Lehre, auf breite Ablehnung. Gewerkschaften, Wirtschaft und die Bundesregierung kritisieren die Festlegung. Die Entscheidung zeige einen "völlig unrealistischen Blick auf den Arbeitsmarkt", sagte Hans Heinrich Driftmann, Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, unserer Redaktion.

 DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann kritisiert die Kultusminister.

DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann kritisiert die Kultusminister.

Foto: dapd, dapd

Die Kultusminister haben beschlossen, das Abitur auf einer achtstufigen Werteskala bei Stufe 5 einzuordnen, während die Berufsabschlüsse nach einer Lehre nur eine Vier erhalten sollen. Das Abitur entspreche nicht dem Niveau 5, kritisierte Driftmann. "In der öffentlichen Wahrnehmung würde sich ein Abiturient, der eine hoch anspruchsvolle, duale Berufsausbildung, etwa zum Pharmakanten oder zum Mathematisch-technischen Software-Entwickler, anstrebt, nicht etwa weiterqualifizieren, sondern sich sogar um ein Niveau verschlechtern."

Schon heute haben 22 Prozent der Auszubildenden im IHK-Bereich Abitur oder Fachhochschulreife. Bei Banken, Versicherungen, Groß- und Außenhandel sind es sogar mehr als die Hälfte.

Auch bei Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) stößt die Einschätzung ihrer Länderkollegen auf Kritik. "Ich hoffe, dass wir die Kultusminister noch für die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung gewinnen werden." Auf bundespolitischer Ebene sind sich Regierung und Opposition in dieser Frage einig. "Wir müssen eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse herstellen", sagte SPD-Vize-Fraktionschefin Dagmar Ziegler.

Die Werte-Skala für die deutschen Bildungsabschlüsse ist für Arbeitnehmer, die im Ausland einen Job suchen, von Bedeutung. Die Ziffern sollen eine internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse herstellen. Die Gegner des Beschlusses der Kultusministerkonferenz setzen darauf, dass in der Debatte über die Bewertung der Abschlüsse auf europäischer Ebene die deutsche Entscheidung korrigiert wird.

(RP)
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