Erste Pressekonferenz in der Fed-Geschichte Die US-Notenbank gibt sich transparent

Washington (RPO). Erstmals in der 98-jährigen Geschichte der Federal Reserve hat ein US-Notenbankchef nach einer Sitzung des Offenmarktausschusses den Zinsbeschluss auf einer Pressekonferenz dargelegt. Fed-Chef Ben Bernanke gab keine Anzeichen für eine baldige Kurswende in der Geldpolitik. Der US-Leitzins bleibt wie erwartet auf seinem historischen Tiefstand nahe null.

 Ben Bernanke erklärte, die Haushaltsprobleme der USA seien sehr ernst.

Ben Bernanke erklärte, die Haushaltsprobleme der USA seien sehr ernst.

Foto: AP, AP

Die Fed will noch über einen "längeren Zeitraum" an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten; Inflationsrisiken spielte sie herunter. Im Wortlaut gab es also keine Überraschungen. Analysten vermuten, dass die US-Notenbank die Zinsen spätestens Anfang kommenden Jahres anheben wird.

Bernanke sagte, er sei "sicher", dass die Notenbank bei einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld wieder zu einer restriktiveren Geldpolitik zurückkehren werde. Die Zentralbank habe die "Instrumente, die sie benötigt", um die in die Märkte gepumpten Milliarden dem Finanzkreislauf wieder zu entziehen. Auf einen Zeitpunkt dafür wollte sich der oberste Notenbanker der USA vor Journalisten allerdings nicht festlegen.

Mehr Beachtung fand die Ankündigung, dass das Programm der Fed zum Ankauf von Staatsanleihen in Höhe von 600 Milliarden Dollar (411 Milliarden Euro) wie geplant im Juni beendet wird. Immer wieder hatte es Spekulationen über eine Ausweitung der Käufe gegeben.

Zur Begründung erklärte Bernanke zum Ende des zweitägigen Treffens, die Wirtschaft habe sich gefestigt, und die Unternehmen stellten wieder vermehrt ein. Der Beschluss, keine Veränderungen an dem Programm vorzunehmen, fiel einstimmig.

Fed senkt Wachstumsausblick

Der im vergangenen November verkündete Ankauf von Staatsanleihen diente der Konjunkturankurbelung. Damit sollten die Zinsen auf Hypotheken und andere Schulden weiter gedrückt und Konsumanreize geschaffen werden, was wiederum zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen sollte. Kritiker hatten dagegen auf Inflationsgefahren verwiesen.

Vor der Pressekonferenz hatte die Fed den Wachstumsausblick für das kommende Jahr auf 3,1 bis 3,3 Prozent gesenkt. Zuvor war sie von einem Wachstum von bis zu 3,9 Prozent ausgegangen.

Optimistischer als noch im Januar ist die Notenbank bezüglich der Lage am Arbeitsmarkt: Nachdem die Arbeitslosenquote auf ein Zwei-Jahres-Tief von 8,8 Prozent gefallen ist, rechnet die Fed bis Jahresende mit einem weiteren Rückgang auf 8,4 bis 8,7 Prozent.

Warnung vor Folgen der Staatsverschuldung

Ungeachtet einer zunehmenden Entspannung am Arbeitsmarkt steht die US-Wirtschaft nach Einschätzung der Zentralbank weiter auf wackligen Füßen. Das Inflationsrisiko bewertete die Fed als gering, obwohl sie die US-Konjunktur mit einer Flut frischen Geldes stützt. Inflationäre Effekte durch gestiegene Öl- und Rohstoffpreise erklärte die Notenbank für "vorübergehend". Bernanke räumte in der Pressekonferenz allerdings ein, dass die hohen Benzinpreise für viele Menschen in den USA "finanzielle Härten" bedeuten würden.

Der Fed-Chef warnte vor den Folgen der Staatsverschuldung in den USA, die er als "wichtigste langfristige Herausforderung" für die Wirtschaft bezeichnete. Die Haushaltsprobleme der USA seien "sehr ernst", sagte Bernanke. Im Mai erreichen die USA voraussichtlich die gesetzliche Schuldenobergrenze, die bei derzeit rund 14,3 Billionen Dollar liegt.

Unter anderem wegen des US-Schuldenbergs steht der Dollar auf den Märkten derzeit unter Druck. Seit Jahresbeginn hat die Leitwährung 6,5 Prozent ihres Wertes im Vergleich zu einem Währungskorb verloren, der sich aus den Devisen der wichtigsten US-Handelspartner zusammensetzt. Bernanke bekannte sich allerdings zu einem "starken und stabilen" Dollar, der im Interesse der USA und der Weltwirtschaft sei.

(apd/AFP/das)
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