DIW-Untersuchung zum Einkommen Die Mittelschicht wird kleiner und hat Angst

München (RPO). Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wächst nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) weiter. Die Mittelschicht wird kleiner, die Angst vor einem sozialen Abstieg wächst. Derweil wächst der Reichtum.

Demonstranten gegen die Sparpläne
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Dass die Mittelschicht seit Jahren schrumpft, gilt Fachleuten und Statistikern schon seit Jahren als Gewissheit. Dennoch ist der Befund der Studie für die Bundesregierung eine mittlere Katastrophe. Denn wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf die Studie berichtet, verschärft das Sparpaket der Regierung Merkel den Trend: Hohe Einkommen werden geschont, niedrige belastet, kritisierten die Ökonomen.

Die Studie des DIW wird am heutigen Dienstag veröffentlicht. Bezugszeitraum sind dem Vorabbericht zufolge die Jahre 2000 bis 2009. Kernaussage: eine deutliche Polarisierung der Einkommen. "Auf der einen Seite steigt die Zahl der Menschen, die im Luxus leben, und auf der anderen Seite die Zahl derjenigen, die mit niedrigem Einkommen auskommen müssen oder sogar arm sind", schreiben die DIW-Forscher laut der Zeitung.

Dieser Trend löse bei der Mittelschicht starke Ängste aus. Die DIW-Autoren stellen dem Bericht zufolge fest, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen in die Schicht derer rutschten, die nur niedrige Einkommen erzielen konnten. Zu dieser Gruppe gehört, wer weniger als 70 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung habe.

Bei einem Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren entspreche dies einem monatlichen Netto-Einkommen inklusive Kindergeld und anderen staatlichen Leistungen von 1.800 Euro. Im Jahr 2000 hätten 18 Prozent zu dieser Gruppe gehört, im Jahr 2009 dann fast 22 Prozent.

19 Prozent Wohlhabende im Jahr 2008

Gleichzeitig sei auch die Gruppe der Wohlhabenden, die mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens ausgeben können, gewachsen. Im Jahr 2000 gehörten 16 Prozent zu dieser Gruppe; im Jahr 2008 waren es dann 19 Prozent, schreibt die Zeitung. Zwar sei die Gruppe der Wohlhabenden im Krisenjahr 2009 erstmals leicht geschrumpft. Trotzdem stiegen die Einkommen auch im Jahr 2009 weiter an. Damit sei der Vorsprung der Gutverdiener erneut gewachsen.

"Die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommen hat sich in Deutschland weit geöffnet", bilanziert die Studie. Die Reicheren seien "nicht nur immer mehr, sondern im Durchschnitt auch immer reicher geworden". Parallel dazu seien die Ärmeren "nicht nur immer mehr, sondern auch immer ärmer" geworden.

Mittelschicht ist "Verlierer des Jahrzehnts"

Dies bedeute, dass die Mittelschicht schrumpfe; sie sei der Verlierer des letzten Jahrzehnts. Dies bedrohe auch die Stabilität der Gesellschaft: "Gerade bei den mittleren Schichten, deren Status sich auf Einkommen und nicht auf Besitz gründet, besteht eine große Sensibilität für Entwicklungen, die diesen Status bedrohen." Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass könnten sich ausbreiteten.

Das Sparpaket beurteilen die Wissenschaftler deshalb sehr kritisch. DIW-Ökonom Jan Goebel halte es für unangemessen, dass die bisherigen konkreten Vorschläge "eigentlich nur die unteren Einkommensbereiche betreffen". Es stelle sich die Frage, warum die Menschen mit hohen Einkommen keinen Sparbeitrag leisten sollen.

IG-Metall-Chef Berthold Huber sagte der Zeitung, die Ergebnisse zeigten, "wie die falsche Politik der vergangenen Jahre das soziale Gleichgewicht in Deutschland aus der Balance gebracht hat". Das unsoziale Sparpaket präsentiere den Menschen eine Milliarden-Rechnung, "während die Verursacher Milliardengewinne in ihren Bilanzen ausweisen" und die Spekulationen munter weiter gingen.

(AP/top)
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