Chef Olaf Koch im Interview "Die Metro will zurück in den Dax"

Metro-Chef Olaf Koch spricht im Interview mit unserer Redaktion über einen Kulturwandel, Chancen und Risiken des Online-Geschäfts und über die Rückkehr des Handelsriesen in den Dax.

 Der Metro-Koch im Gespräch: Georg Winters, Antje Höning, Olaf Koch, Chefredakteur Sven Gösmann und Thorsten Breitkopf (von links).

Der Metro-Koch im Gespräch: Georg Winters, Antje Höning, Olaf Koch, Chefredakteur Sven Gösmann und Thorsten Breitkopf (von links).

Foto: Endermann, Andreas (end)

Als Sie Anfang 2012 antraten, haben Sie das Ende der internen Grabenkämpfe bei der Metro ausgerufen und einen Kulturwandel ausgerufen. Ist der vollzogen?

Koch Kulturwandel geht nicht innerhalb von zwölf Monaten. Das ist eine Sache von mindestens drei, vier, fünf Jahren. Wir hatten sicher zu viel Lagerdenken und zu viel Politik im Spiel. Wir wollen das durch offene Kommunikation und klare Führung verändern. Man muss vor einer Entscheidung kontrovers und intensiv diskutieren, ohne Tabus. Wenn wir dann aber eine Entscheidung treffen, muss sie auch Bestand haben. Zu viele Entscheidungen sind früher häufig nach kurzer Zeit wieder umgeworfen worden. Das verunsichert die Mitarbeiter.

Verunsichert war auch die Börse wegen Ihrer mehrfach skeptischen Aussagen zur Konjunktur. Danach hat der Aktienkurs jeweils deutlich verloren. Bereuen Sie Ihre Prognosen?

Koch Nein. Wir können uns die Märkte nicht schönreden. Manchmal tut die Wahrheit weh. Natürlich kann man die Zahlen kurzfristig verbessern, aber die Frage ist doch: Hilft das dem Konzern und unseren Anlegern auf Dauer? Wir stellen die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung. Und auch wenn der Kapitalmarkt kurzfristig skeptisch reagiert, bin ich sicher, dass wir langfristig Wert schaffen werden.

Aber Sie wollen zurück in den Dax. Schwierig ohne Kurssteigerung.

Koch Natürlich wollen wir zurück in den Dax. Aber wir machen einen Schritt nach dem anderen. Wer nur auf kurzfristige Erfolge schaut, ist ein Spekulant. Das hat nichts mit nachhaltiger Unternehmensführung zu tun. Wenn wir unsere Strategie umsetzen, steigern wir Umsatz und Ergebnis und in der Konsequenz den Kurs. Und dann qualifizieren wir uns wieder für den Dax.

Wenn man als Großaktionär Haniel seinen Anteil vor Jahren für 60 Euro je Aktie aufgestockt hat und nun auf einen Kurs von 23 Euro schaut, könnte man alles anders sehen.

Koch Unsere Großaktionäre sind auch an einem stabilen Erfolg interessiert. Die Zusammenarbeit mit unserem Aufsichtsratschef Franz Markus Haniel ist hervorragend.

Das kann man über das Verhältnis zu Media-Saturn-Mitgesellschafter Erich Kellerhals nicht gerade sagen.

Koch Juristisch ist die Sache für uns klar. Der Schiedsspruch und das Urteil des Oberlandesgerichts München waren klar zu unseren Gunsten. Eine Revision beim Bundesgerichtshof ist nicht zugelassen.

Dagegen hat Kellerhals Beschwerde eingelegt. Der Streit geht also weiter. Wäre es nicht besser, ein Gesellschafter würde sich aus dem Unternehmen verabschieden?

Koch Das setzt voraus, dass ein Gesellschafter seine Anteile abgeben würde.

Würden Sie denn kaufen, wenn Herr Kellerhals verkaufen würde?

Koch Ja. Aber das ist derzeit kein Thema.

Media-Saturn hat darunter gelitten, dass der Einstieg ins Online-Geschäft viel zu spät vollzogen wurde.

Koch Das stimmt, da waren wir spät, aber nicht zu spät dran. So gesehen haben wir jetzt eine große Chance, denn wir haben sowohl unsere Internetpräsenz auf- und ausgebaut als auch die Attraktivität der Läden in Bezug auf Sortiment und Preis deutlich gesteigert. Unser Preisniveau und -image ist wieder intakt.

Kannibalisiert Online-Umsatz nicht Filial-Umsatz?

Koch Das ist nicht die Frage. Wenn wir dem Kunden die Plattform nicht bieten, tut es ein anderer . . .

. . . aber trotzdem gilt doch, dass jeder Kunde jeden Euro nur einmal ausgeben kann.

Koch Derzeit gewinnen wir klar online und offline Marktanteile dazu. Bei Media-Saturn waren es im vierten Quartal 1,6 Prozentpunkte. Bis zu 40 Prozent der Kunden bestellen online und holen die Ware im Markt ab. Ohne eine solche Mehrkanal-Strategie geht es heute nicht mehr. Und wir sind in Deutschland die Einzigen, die einen so flächendeckenden Service bieten können.

Aber China hat für Media-Saturn gar nicht funktioniert. Woran lag das?

Koch Der Wettbewerb ist extrem und der Online-Markt sehr aggressiv. Wir hatten kaum mehr eine Chance, uns als Marke zu profilieren. Da muss man einen Schlussstrich ziehen und sagen: Das war's.

Media-Saturn ist Kerngeschäft, Galeria Kaufhof erklärtermaßen nicht. Aber das Geschäft in den Warenhäusern läuft gut, von Verkauf ist nicht mehr die Rede. Ist das vom Tisch?

Koch Galeria Kaufhof läuft hervorragend, und wir arbeiten mit aller Energie an seiner Zukunft. Aber unsere strategische Position hat sich nicht verändert, weil Galeria Kaufhof nicht in die internationale Strategie passt. Da sollte man ehrlich bleiben. Mehr gibt es derzeit nicht zu sagen. Ein Verkauf bleibt ein Thema, aber solange kein Käufer da ist, der einen angemessenen Preis zahlt und eine erfolgversprechende Strategie mitbringt, passiert nichts.

Passt ein Warenhaus heute noch?

Koch Nicht mehr unter der Devise: Alles unter einem Dach. Man muss die Sortimente anpassen und die Häuser auf die Kernzielgruppen ausrichten. Das hat Galeria Kaufhof konsequent getan und zum Beispiel auf die Elektronik verzichtet und seinen Schwerpunkt im Textilhandel vertieft. Dadurch konnten wir in 2012 Marktanteile gewinnen.

Ihr größtes Problem ist Cash & Carry in Deutschland. Wann verdienen Sie wieder Ihre Kapitalkosten?

Koch Wir setzen uns drei Jahre.

Wo liegt der Kern des Problems?

Koch Wir haben in Deutschland zu viel zu schnell gewollt und trotzdem viele grundlegende Probleme ignoriert. Dass es besser geht, zeigen die vielen guten Ergebnisse in den anderen Ländern. Vieles davon wird uns bei der Neupositionierung helfen. Wir werden gezielt in das deutsche Geschäft investieren und es modernisieren. Dazu gehört auch die Belieferung. Zwölf Prozent unseres Umsatzes bei Cash & Carry in Deutschland kommt aus dem Belieferungsgeschäft. Das ist Service vom Kunden her gedacht.

In den vergangenen Jahren waren Sparen und Stellenabbau große Themen im Metro-Konzern. Wie geht es am Standort Düsseldorf weiter?

Koch Wir haben unsere Restrukturierung am Standort umgesetzt und abgeschlossen. Weltweit haben wir in den vergangenen vier Jahren mehr als 10 000 Stellen abgebaut, aber auch durch den Verkauf ganzer Landesgesellschaften. In Düsseldorf fielen rund 800 Stellen weg. Mehr ist nicht vorgesehen. Düsseldorf bleibt Konzernzentrale, und Vertriebslinien wie zum Beispiel Real behalten ihre Zentralen auch.

Sie müssen die Verschuldung senken. Wie weit kommen Sie in diesem Jahr?

Koch Wir haben das Fremdkapital schon deutlich reduziert, und bis Ende September (dann endet das Geschäftsjahr 2013) streben wir noch einmal eine Reduzierung um rund 400 Millionen Euro an. Dann wären wir bei rund 7,3 Milliarden Euro. Unser Rating liegt derzeit bei BBB-. Das reicht uns nicht, wir wollen besser sein.

THORSTEN BREITKOPF, SVEN GÖSMANN, ANTJE HÖNING UND GEORG WINTERS FÜHRTEN DAS GESPRÄCH

(RP/csi)
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