Merkel und Steinbrück überzeugen Die Krisengewinnler

Berlin (RP). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) haben als Krisenmanager überzeugt. Der SPD-Politiker rückt zu Steinmeier und Müntefering auf.

Fragen zum Rettungspaket der Bundesregierung
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Foto: AP

Im Bundeskabinett sind die Rollen noch klar verteilt. Zuerst spricht gewöhnlich die Kanzlerin, dann lässt sich Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier als Sprecher des anderen Koalitionspartners ein. Am vergangenen Montag bei der Sondersitzung der Regierungsmannschaft zur Finanzkrise war es ebenso. Nach Merkel äußerte sich zuerst der Außenminister zur Lage.

Doch einigen Beobachtern fiel eine wichtige Nuance auf. Steinmeier drängte sich fast etwas vor. Die wirklich entscheidende Botschaft kam vom Bundesfinanzminister. Der SPD-Politiker Peer Steinbrück brillierte in der Rolle des kundigen und durchsetzungsstarken Krisenmanagers.

"Dem macht seine Aufgabe sichtlich Spaß”, bemerkte einer aus der CDU-Spitze zum Auftritt des Herrn der Zahlen. Steinbrück konferiert zurzeit nonstop mit den Großen der Welt ­ mit seinen Amtskollegen aus den großen Industriestaaten, in der Gruppe der europäischen Finanzminister, mit Finanzgrößen vom ganzen Globus.

Aber auch die Arbeit vor Ort vernachlässigt er nicht. Er spricht mit den Landesfinanzministern, mit den Fraktionen, sucht den Kontakt zur Öffentlichkeit. Er wirbt für sein Rettungspaket, erklärt, debattiert, ereifert sich fast. "Sie erleben hier einen leidenschaftlichen Finanzminister”, bekannte er bei der Vorstellung der Details des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes.

Ein Wortungetüm, das beim Bürger wohl eher gegenteilige Assoziationen auslöst. Die Kanzlerin duldet die Omnipräsenz ihres Finanzchefs. Sie versteht sich mit ihm inhaltlich ausgezeichnet, hat Vertrauen in seine Kompetenz und letztlich auch Loyalität. Merkel lässt zu, dass Steinbrück sich fast auf Augenhöhe mit der Kanzlerin als Krisenmanager präsentiert.

Steinbrücks Intervention

Bei der historischen Garantie der Einlagen deutscher Sparer in Höhe von einer Billion Euro wollte die Regierungschefin ursprünglich allein vor die Kameras treten. Steinbrück intervenierte und hatte Erfolg. Fortan agieren die beiden als Team, wenngleich die Kanzlerin darauf bedacht ist, den Primat zu wahren. Beim sozialdemokratischen Koalitionspartner hat Steinbrück bereits die Spitze erklommen.

Er ist zum "Reserve-Kandidaten” aufgestiegen. Er wird weder den Kanzlerkandidaten Steinmeier noch den designierten SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering in Bedrängnis bringen. Aber es besteht kein Rangunterschied mehr. Die SPD wird ­ wie schon zwei Mal in ihrer Geschichte ­ wieder von einem Trio geführt. In den 70er Jahren waren es Kanzler Helmut Schmidt, SPD-Lenker Willy Brandt und Fraktionschef Herbert Wehner. 1994 hätte das Trio Scharping, Lafontaine und Schröder beinahe den Dauer-Regierungschef Kohl abgelöst.

Jetzt gibt es wieder ein ausbalanciertes Machtgefüge bei den Sozialdemokraten. Und sollte Steinmeier aus irgendeinem unvorhergesehenen Grund ausfallen, dürfte Steinbrück inzwischen der einzige Ersatz sein. Die Krise stärkt aber auch die Kanzlerin ­ zumindest als Person. Merkel und Steinbrück hatten bei der Bewältigung der Bankenkrise genau einen Schuss frei. Der ist geglückt.

Noch ist nicht geklärt, ob er auf Dauer ausreicht, ob nicht noch weitere Schieflagen drohen. Aber die Märkte haben das Programm der beiden angenommen, die politischen Instanzen winken es in Rekordzeit durch das Parlament, und die Bürger lassen das Geld auf ihren Konten. Das können Merkel und Steinbrück für sich verbuchen.

Sie gelten beide übrigens als Anhänger der großen Koalition. Die Krise hat auch dieses Bündnis gestärkt.

(RP)
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