Europäische Union Deutsche zahlen zu viel fürs Konto

Brüssel (RP). Die EU hat die Kontogebühren verglichen. Die Unterschiede sind groß. Schlechte Noten gibt es auch für die Anlageberatung. Durch falsche Informationen verlieren die Deutschen bis zu 30 Milliarden Euro jährlich.

Was ein Girokonto in der EU kostet
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Foto: ddp

Die Bundesbürger zahlen zu hohe Kontogebühren und verlieren Milliarden durch schlechte Anlageberatung: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der EU-Kommission. Sie untersuchte 224 Banken, die mehr als 80 Prozent des europäischen Marktes ausmachen. Danach kostet das Girokonto den deutschen Otto Normalkunden im Schnitt 89 Euro im Jahr — das bedeutet Platz Neun unter den 27 EU-Ländern. Spitzenreiter ist Italien mit 253 Euro. Den geringsten Betrag zahlen mit 27 Euro Bankkunden in Bulgarien. Auch unsere Nachbarländer Niederlande und Belgien liegen mit 46 bzw. 58 Euro relativ niedrig.

Ein Hauptgrund für überhöhte Preise ist laut EU die fehlende Transparenz: Fast jeder dritte Bankkunde sieht sich außerstande, Angebote zu Girokonten zu vergleichen. Denn zwei Drittel der Institute liefern nicht genug Informationen im Internet, damit Kunden die wirklichen Kosten ermitteln können. Die Länder mit den undurchsichtigsten Preis-Strukturen sind auch die teuersten, denn hier herrscht kaum Wettbewerb.

Nur neun Prozent der Kunden entschieden sich europaweit im vergangenen Jahr dazu, ihr Giro-Konto zu verlagern, in Deutschland waren es sogar nur sieben Prozent. Wer hierzulande allerdings sein Konto verlagerte, sparte meist viel Geld. Für neun von zehn Wechslern hat sich die Mühe gelohnt.

Ein besonders vernichtendes Urteil fällt die EU-Kommission über die Qualität der Anlageberatung: Sie sei oft "unzureichend". Als Negativbeispiel führt Brüssel Deutschland an. So kündigten 50 bis 80 Prozent der Kunden längerfristige Anlagen vorzeitig, weil sie falsch beraten worden seien. "Der jährliche Schaden beläuft sich auf geschätzte 20 bis 30 Milliarden Euro", heißt es in der Studie.

Für den Test gaben sich Prüfer in Deutschland bei 25 Bank-Beratern als glückliche Erben aus, die 100.000 Euro gerne optimal anlegen möchten. In 24 Fällen bekamen sie ungeeignete Empfehlungen. Die Kommission sieht dafür vor allem zwei Ursachen: Die Berater haben nur geringe Kenntnis der Risiken oder sie stehen im Interessenkonflikt. Denn oft seien Provisionen an die Vermittlung bestimmter Produkte geknüpft. Dies fördere nachweislich die Bereitschaft, auch ungeeignete und risikoreiche Anlagen zu verkaufen.

"Die Kommission prüft gerade angesichts der Finanzkrise sorgsam, ob sie beim Thema Beratung regulierend eingreifen muss", hieß es. "Die Banken lassen ihre Kunden im Stich. Wir brauchen einen Kulturwandel", forderte EU-Kommissarin Meglena Kuneva. Sie will nun sicherstellen, dass die nationalen Aufseher geltende Bestimmungen besser umsetzen und unlautere Praktiken unterbinden.

(RP)
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